«Hört ihr uns überhaupt?», lautet die Frage nach dem ersten Song. Sympathisch, diese Heidi Happy. Aber die Frage ist berechtigt, denn in solch einem Rahmen wie heute hat sie wohl schon lange nicht mehr gespielt. Es ist leiser als auf den Open-Air-Bühnen, die sich Priska Zemp (Heidi Happys richtiger Name) mittlerweile gewohnt ist. Eigentlich genau richtig leise, wie in einer gemütlich-gediegenen Stube. Um einen Teppich herum – die Bühne – sitzt das Publikum nämlich auf Holzstühlen, Sofas und, wie es der Name des Lokals vorschreibt, Kissen. Coal und Sarah Bowman haben den ehemaligen Dachstock eines Malereibetriebes den berüchtigt-berühmten Singer-Songwriter-Lofts aus den Ballungszentren von North Carolina und Massachussetts nachempfunden. Während ihrer US-Tour als «Famous October» sammelten sie Eindrücke, lernten Gleichgesinnte kennen und entwickelten auch die Idee für den unkonventionellen Konzertraum. Herausgekommen ist so etwas wie ein XXL-Wohnzimmer mit Mini-Bar (heute gebe es Margaritas mit ausgezeichnetem Don Julio-Tequila, wie Coal vor dem Konzert stolz verkündet) und einer kunterbunten Einrichtung, wo alles nicht so recht zusammenpasst und genau deswegen passt. Das Interieur, antike Lampen, Holzstühle und -Tische sowie kurlige Requisiten, alles wurde mit Hilfe von Bekannten und lokalen Händlern zusammengesammelt.
Die Akustik ist nur schon wegen der hochwertigen Anlage famos, völlig unaufdringlich werden die Instrumente zwar verstärkt, aber nicht zu fest, damit die Musik doch einen gewissen Unplugged-Touch behält. Ideal, um den verträumten Pop von Heidi Happy etwas auf den (Holz-)Boden zurückzuholen. Die heute gespielten Songs sind fast alle vom neuesten Album «Golden Heart», erschienen im März 2014. Das sphärisch-lüpfige «Ding Ding» (Di-ring) klingt hier viel intimer, fast schon eindringlich. Auch der Hit «Down Town» scheint ob der kompakten Atmosphäre ehrlicher und echter, hochproduzierte Distanz wirkt wie weggeblasen. Heidi Happys Musik macht wirklich happy, das Konzert ist verdammt spassig und berührt auf seltsame Weise (vielleicht liegt das auch etwas an der unglaublich vertraut wirkenden Ausstrahlung von Zemp). Am Piano schwitzt Ephrem Lüchinger, an den Drums flüstert Domi Huber und am Bass bzw. an den Blasinstrumenten groovt Yacha Berdah (der für den abwesenden Baptiste Germser eingesprungen ist). Das sei ihr besonders wichtig, dass wir alle Namen vor der Pause auswendig kennen, sagt sie.
Nach der Pause fühlt man sich beinahe wie an einem Familienkonzert, so selbstverständlich sitzen wir alle schon hier in der Pillow Song Loft. Und heiss ist es, vor dem Konzert wartet man lieber noch etwas länger draussen und in der Pause geht man ganz sicher raus. Im zweiten Teil wird auch etwas herumgeblödelt, nach einer kurzen Keyboard-Panne spielt Lüchinger ein lustig-operettenhaftes Motiv und Heidi Happy tänzelt dazu wild gestikulierend herum, mimt eine Diva. Einer, der wohl in der Pause schon eine Runde Margaritas zuviel hatte, ruft: «Das ist auch vom neuen Album?!» Alle lachen. Natürlich dürfen auch die zahlreichen Anekdoten nicht fehlen, mit denen jeweils die Umbau- und Umstimmpausen zwischen den Songs überbrückt werden. «Dä Song esch för dech, Chregi (Priska Zemps Freund und Heidi Happys Lichttechniker)», … Aber hier drin wirken solche Formalitäten plötzlich ehrlich und ungespielt, wie überhaupt alles am heutigen Abend. Und wie auch alles in Stans, nach der Zugfahrt zurück nach Luzern fühlt es sich fast so an, als würde man im schnorrigen Zürich ankommen. Coal und Sarah Bowman («Famous October» nennen sie sich im Duo) haben übrigens im Vorfeld eigens für das Konzert «Down Town» von Heidi Happy gecovert, voilà:
Und hier noch ein Live-Mitschnitt vom Konzert:
Nächster Anlass in der Pillow Song Loft: SO 12. Oktober, 10.00 Uhr, Songwriter Brunch mit «Trummer». Anmeldungen / Reservationen auf der Homepage.
