Gar keine so üble Sache, Maloney

Seit über zwanzig Jahren ermittelt sich Roger Grafs Vorzeigedetektiv nun schon durch seine haarsträubenden Fälle und darf in Sachen Kulturgüter wohl getrost in einem Atemzug mit Uhren, Käse, Schokolade und Roger Schawinski genannt werden. Gestern Mittwoch waren die Sprecher Michael Schacht und Jodoc Seidel im Rahmen der mittlerweile dritten Lesetour in der Schüür zu Gast. Im Gepäck: Zwei neue Fälle.

Der Andrang auf die Plätze in der gestuhlten Schüür war gewaltig, gerade für einen Mittwochabend. Vom Primarschul- bis zum Rentenalter war alles vertreten, insbesondere aber eine schier unfassbare Menge an Pärchen zwischen 20 und 30. Über die Gründe kann man als Single nur spekulieren. Ist das so ein Sonntagmorgen-Ding? Zusammen frühstücken (oder brunchen) und Maloney hören? Vorstellbar wäre es, schliesslich nimmt die Serie über den saufenden und unter Schreibtischen nächtigenden Ermittler den prominenten Sendeplatz auf DRS 3 gefühlt seit der Erfindung des Radios ein. Und dass die Begeisterung ungebrochen ist, zeigt nicht nur das Publikumsinteresse: Die erste euphorische Runde Applaus durften sich Michael Schacht und Jodoc Seidel schon beim Betreten der Bühne abholen. Schacht, als Sprecher von Philip Maloney waschecht im Detektiv-Chic, sprich in einen gar unauffälliger Trenchcoat gehüllt. Seidel, der jeweils den Maloney in Hassliebe verbundenen, Kreuzworträtsel lösenden Polizisten spricht, dagegen in Zivil. Neben ihren Paraderollen nahmen die Herren an diesem Abend auch sämtliche Nebenrollen ein. Da reichte das Spektrum von Gestalten wie dem suspekten Therapeuten Monty Montana – dessen Herkunft konnte anhand des Dialektes nicht eindeutig geklärt werden – bis zu hysterisch-gestressten Zeuginnen. Diese Aufgabe lösten Schacht und Seidel ausgezeichnet. Maloney und Polizist sprechen die beiden mittlerweile sicherlich im Schlaf, und deren Kennsätze («Üble Sache, Maloney», «So geht das!», «Ich habe ein Buch gelesen», etc.) ziehen beim Publikum wie ein guter Refrain. Aber auch wenn einer der Beiden mal zwei Rollen in einem Dialog gleichzeitig sprechen musste, gelang das einwandfrei. Die beiden neuen Fälle – deren Inhalt hier nicht verraten werden soll – überzeugten alles in allem. Aktualität, Wortwitz, alles vorhanden. Und doch, man kann sich eines leichen Gefühls des Festgefahrenseins nicht erwehren. Stellenweise scheinen sich die Figuren mehr zu zitieren als zu unterhalten. Das ist nach weit über 300 Folgen allerdings auch verständlich. Ebenso ist der Versuch, die Serie inhaltlich dem Internetzeitalter anzupassen, sicher nicht falsch. Aber in fast jedem Dialog mit Beteiligung des Polizisten müssen E-Mail und Google dann auch nicht vorkommen. Das geht dann auf Kosten des Charmes, wenn die Parodie das Original überrundet. Trotzdem, lieber Maloney am Tatort über das Internet diskutieren hören, als Tatort Internet!