The French-Canadian Part of Mexico

Treibhaus Luzern, 23.05.2015: Peter Kernel, die schweiz-kanadischen Art-Punker bitten zum Tanz und Luzern kam dieser Aufforderung noch so gerne nach. Wer seine innere Rampensau sogar auf der Bühne ausleben wollte, kam auch da nicht zu kurz. 

(Bilder: Stoph Ruckli)

Ein bei Live-Auftritten zum Trio konvertiertes Duo beehrte das Treibhaus mit seiner Anwesenheit und bekam Unterstützung von der in Bern heimischen Band Kyani. Am Vortag waren Peter Kernel noch in Italien und machten Varese unsicher, um sich danach auf den Weg ins Treibhaus zu machen, wo sie den Luzernern ihr neues Album «Thrill Addict» näherbringen wollten.

Künstler zum Anfassen Beim Eintrudeln des Publikums ins Treibhaus sassen die beiden Bands noch gemütlich beim Abendessen und von allfälliger Nervosität war nichts zu merken. Keine Starallüren, kein Verstecken im Backstage; eine völlig entspannte Stimmung umgab die Bar. Auch bei den Zuhörern und Zuhörerinnen war noch keine Eile zu spüren. Es wirkte, als hätten sich beide Seiten auf einen lockeren Abend eingestellt. Mystisch zogen dann die Trockeneisnebelschwaden durch den Raum, während Kyani die Bühne betraten. Die (manchmal violinengleiche) Stimme vermochte es leider nicht, einigermassen Struktur in das ganze Chaos voll von melodiösen Basslinien, energetischen Gitarren-Ausbrüchen und sanften Schlagzeug-Streicheleien zu bringen. Ein wenig Luft wäre wünschenswert gewesen. Potenzielle Räume wurden aber mit technischen Vokaldemonstrationen zugekleistert. Die wenigen, etwas verschupften Ansagen machten zwar in Sachen Sympathie sehr viel wett, doch das Konzert blieb ein Kämpfen gegen Windmühlen.

Kyani

No Setlist required Dann waren Peter Kernel an der Reihe. Noch einmal ein kurzer Linecheck und Setlisten verteilen - an denen der Drummer lustigerweise kein Interesse hatte. «What do you mean, no setlist?», fragte Sänger und Gitarrist Aris Basseti noch, während Barbara Lehnhoff (Bass, Gesang) sich eine Pre-Gig Zigi gönnte.

PeterKernel

Einer der Gründe, wieso man das Treibhaus einfach lieben muss, ist der, dass man sich manchmal wie in einem alten Cabaret-Club fühlt. Der Veranstalter informiert persönlich über den Beginn der Vorstellung, und die schummrige Beleuchtung liess einen in seiner ganz eigenen Welt verweilen, bis man dann von den Kernelschen Gitarren- und Bassriffs rausgerissen wurde. Die Band hatte das Publikum gleich von Beginn an in ihren Bann gezogen. Der Vergleich mit Sonic Youth wird der Gruppe  wahrscheinlich schon zur Genüge nachgetragen, aber er ist wirklich der passendste Nenner für den eklektisch-rockigen Sound von Peter Kernel. Geplänkel gab es auch zur Genüge und man erfuhr von der kanadischen Schweiz in Italien (wahlweise auch «The French-Canadian Part of Mexico») oder erlebte die von Aris und Barbara geteilte Antipathie für Biel. Drummer Hannes Prisi kriegte für seine Herkunft dementsprechend sein Fett ab. Das perfekte Bild für Liebe unter Musikern wurde bei «You’re flawless» geboten: Kopf an Kopf stehend drehte Aris den Bass von Barbara auf, um ins Intro einzusteigen.

Gesprengte Bühnengrenzen Nachdem das Publikum mit der Zusage von zwei Zugaben zufrieden gestellt wurde, ging bei der letzten so richtig der Punk ab. Die Zuhörer und Zuhörerinnen wurde auf die Bühne gebeten, und jene, die sich tatsächlich trauten, zeigten ihre - durchaus beachtlichen - Tanzskills. So hinterliessen Peter Kernel begeisterte Besucher, die sich bei ein paar Bier noch leidenschaftlich über den Gig austauschten. Die Band selber reiste nach dem Abbau zurück, um in ihrem Garten einen neuen Videoclip unter der Regie von Lehnhoff zu drehen. In Chile. Dem italienisch-schweizerischen Part in Mexiko nahe Lugano.

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