Fischige Träume und ein Summen im Kopf

Die überschaubaren Räumlichkeiten des UG waren letzten Freitag pünktlich zur Premiere von «Tanz 6» voll bis auf den letzten Platz. Es stellten vor: Oliver Dähler sein Stück «Glenn Gould – Take 1» und die charmante Caroline Finn «Sleeping Trout». Ein Abend mit Überraschungen und einer Sensation!

(Von Lucas Häfliger)

Das erste Stück, choreografiert von Oliver Dähler, handelte vom Leben des exzentrischen Glenn Gould (kanadischer Konzertpianist mit autistischen Zügen). Es begann mit einer von Goulds Filmaufnahmen (dieser verliess mit 32 Jahren die Bühne, um bis zu seinem Tod 1982 im Studio an Ton und Filmträgern zu arbeiten), doch wie fühlt ein Glenn Gould? Genau diese Frage wurde den Zuschauern gestellt und auch gleich beantwortet. Dähler rollte verschiedene Lebensabschnitte Goulds auf und rekonstruierte seine Gefühls- und Stimmungswelt in Bewegungen. Es handelte von der eher einsamen aber glücklichen Kindheit, seiner schweren Schulzeit sowie Affären und dem Kampf mit sich selbst. Diese Sequenzen wurden in einer sehr fliessenden Choreografie wiederspiegelt und bearbeitet. Dazu Klassiker und Originalaufnahmen Goulds, der gerne mal zu seinen aufgenommenen Stücken fröhlich mitgesummt hat. Im Grossen und Ganzen ist zu sagen: gute, geistreiche und solide Unterhaltung, wenn auch ein wenig konventionell und ohne Überraschungen Ich erlaube mir, die Szenerie kurz zu beschreiben, die die Zuschauer zu Beginn des zweiten Stückes erblickten, sobald das Licht auf die Bühne fiel: Links eine wunderschöne, kindlich aussehende Frau in Weiss. Wippend auf einem Stuhl, den Kopf zur Wand. Weiter hinten sass ein Mann im Pyjama auf einer alten Holzleiter, die bethront wurde von einem grossen Spiegel – was das Ganze aussehen liess, als wäre es die Pforte nach sonstwohin. Vorne rechts ein Mann im Schlafanzug auf einem Kühlschrank, weiter hinten eine Frau in Kartonschachtel (noch nicht sichtbar) und weitere Tänzer in Position. Als ich diese ersten Eindrücke auf mich wirken liess, setze ein treibender und düsterer Rhythmus ein. Und passend zur Musik, begannen die Tänzer, auf deren individuelle Charaktere sehr schön geachtet wurde, zu zucken und um sich zu schlagen. Es begann eine verstörende und grandiose Achterbahnfahrt durch Finns Traumwelten. Es verlangte den Zuschauern Einiges ab, denn die Sequenzen flossen ineinander, liefen parallel und kreuz und quer. Fantastisch. Die Musik zum Stück hätte passender kaum sein können. Die Tänzer verkörperten jede Emotion und liessen den Zuschauer nur allzu bekannte Traumsituationen durchleben. Das Stück übertraf alles, was man hätte erwarten können. Liebe Leute, lasst euch das nicht entgehen – wenn ihr's doch tut, dann gute Nacht.

Tanz 6: Aufführungen bis 30. April im UG des Luzerner Theaters Caroline Finn und Oliver Dähler (Choreografie, Bühne und Kostüme), Kathleen McNurney (Künstlerische Leitung «Tanz Luzerner Theater»)