Eine Bergpredigt im Exil – Thee Silver Mt. Zion im Treibhaus

Und die Kulturoffensive ging gestern Abend weiter. Im gut gefüllten Treibhaus-Saal spielte das kanadische Musikerkollektiv Thee Silver Mt. Zion. Wie schon vor vier Jahren in der Boa vermochte die Band zu überzeugen. Dank gebührt auch Boa im Exil, die unermüdlich Konzerte organisieren, die in Erinnerung bleiben.

Es schien, als wäre die Demo vom Samstag weitergezogen und Sonntag abends im Treibhaus angekommen. Doch dies passte, denn Thee Silver Mt. Zion zelebrierten einen Gottesdienst für Atheisten. Wut treibt diese Band an und das zeigten sie von Anfang an. «I Built Myself A Metal Bird» hiess der erste Song, der auf dem aktuellen Album «Kollaps Tradixionales» zu finden ist. Die beiden Geigen klangen noch etwas kalt und roh, doch es signalisierte den Weg, den dieses Quartett einschlagen wird. Nach der Wut kommt die Wehmut. Statt auf Agit-Prop und Parolendrescherei konzentrieren sie sich darauf, ihrer politischen Unzufriedenheit ein adäquates musikalisches Klangbild zu verleihen, das konsequent in dunkle Farben getaucht wird.

Der zweite Song «There is a Light» markiert die weitere Entwicklung ihres musikalischen Schaffens. Dem Stück ist die Zusammenarbeit der Band mit Vic Chesnutt bei ihren letzten zwei Alben anzuhören. Der elegante Barschunkler mutierte zusehends zu einem verzerrten Post-Rock-Monster, um schliesslich die leise Hoffnung auf Erleuchtung wieder zu erlangen. Die Band vermeidet es tunlichst, dem Schönklang zu verfallen. Die Stimme von Efrim Menuck ist nicht das, was man landläufig eine schöne Stimme nennt. Doch sein nöliges Organ kratzt den Songs Vehemenz ein. Es folgen vier weitere «Songs». Allesamt dauerten sie über zehn Minuten. Letztlich haben Thee Silver Mt. Zion mehr Punkattitüde als die meisten Punkbands. Sie kümmern sich darum, dass die Eintrittspreise ihrer Konzerte moderat bleiben. In Montreal, ihrer Heimatstadt, betreiben Menuck und Bassist Thierry Amar das Tonstudio Hotel2Tango. Sie behalten die Kontrolle ihres künstlerischen Schaffens in der eigenen Hand. Letztendlich entsteht daraus Musik, die Szene- und Genrecodes aus dem Weg geht und von ihrer moralischen Haltung geleitet wird. Nach einem Konzert von Thee Silver Mt. Zion, weiss man wieder, wieso Phoenix, White Stripes und Konsorten nichts auf dem iPod verloren haben. Indie-Rock? Dass ich nicht lache.