Ein kleiner, runder Mann – Castanets im Treibhaus

Jetzt ist schon wieder was passiert. An und für sich gehöre ich ja nicht zu den Leuten, die das Blaue vom Himmel beten. Doch manchmal, ja manchmal, gibt es Momente, da läuft es einem sprichwörtlich kalt den Rücken hinunter. Gerade jetzt, wo der Nebel aufzieht, die Füsse frieren und das Grau durch die Gassen zieht. Ein Geschenk des Himmels, was dagegen Abhilfe leistet. Und wieder einmal retten amerikanische MusikerInnen die Welt. Der Herbst, ja der Herbst, birgt viele Geheimnisse. Darum ging Kommissar Züsler für euch auf die Pirsch.

Der Knochenmann Ein langhaariger Slacker steht auf der Bühne. Nachforschungen ergeben, dass es sich bei diesem Mann um William Trevor Montgomery alias Lazarus handelt. Aus langjähriger Konzerterfahrung komme ich zum Schluss, dass dieser Mann später die Bühne nochmals betreten wird (nämlich als Bassist bei Castanets). Doch vorerst gibt er seine knorrigen Songs zum Besten, die er mit Hilfe von Gitarre und Loopgerät aufschichtet. Am besten kommen seine Songs zur Geltung, wenn er mit Fingerpicking repetitive Muster spielt, die von seiner schnoddrigen Stimme getragen wird. «Happy to be here» sagt er ziemlich am Schluss seiner Darbietung. Und es klingt in etwa so aufrichtig, wie wenn das Polanski über seinen Aufenthalt in der Schweiz sagen würde. Ich finde das sympathisch.

Silentium Be my Weapon sind ein Trio aus Oregon und klingen auch so. War leider eher langweiliger Folkrocktrübsal, mit nie enden wollenden Akustik-Gitarren-Geschrummel. Dafür wuchs die Vorfreude auf Castanets.

Komm, süsser Tod So sieht er also aus, der Ray Raposa alias Castanets. Ein runder, kleiner, bärtiger Mann. Früher nannte man seine Musik Freak Folk, heute ist es nur noch Folk. Obwohl, er vereint viele andere Stile in seinen Songs. Von Country über Blues ist da vieles vorhanden, aus dem grossen Fundus amerikanischer Populärmusik. Im Gegensatz zu den kargen Arrangements auf seiner aktuellen Album «Texas Rose, the Beasts, and the Thaw» setzt er sein Live Set mit der grossen Kelle an. Mit drei Gitarren, Bass und Schlagzeug veranstaltet die Band ein exquisites Psychedelic-Rock-Feuerwerk, was in dieser Form nicht zu erwarten war. Wie immer ragte auch bei dieser Darbietung seine Stimme hervor. Sein krächzender Gesang geht in Mark und Bein und lässt den Bob Dylan vor Neid erblassen. Bei der ersten Zugabe kam dies sehr schön zur Geltung. Generell sind es die ruhigen Stücke, in denen Raposa eine Intimität aufbauen kann, die seinesgleichen sucht. Ach, ich hör auf zu schreiben. Dies ist sicherlich nicht mein bester Fall, doch hab ich ihn einigermassen gelöst und wir können ihn ad acta legen. Kommissar Züsler geht jetzt essen. PS: Ich habe noch nie einen Brenner-Roman von Wolf Haas gelesen. Dafür habe ich alle drei Verfilmungen gesehen. Ich finde, die Verfilmungen kommen nicht an die Buchvorlagen heran.