Ehret einheimisches Schaffen!

Vor schön zahlreich erschienenem Publikum wars gestern Mittwoch im Théâtre La Fourmi soweit: Das «99verleger.ch-Saisonfinale» ging über die Bühne. Gewonnen haben am Ende irgendwie alle.

Von Willisau, aus Hochdorf und Aesch, von einst Emmenbrücke, vom zugerischen Hünenberg her, von Ebikon, Luzern und vom Schwarzenberg herab: Daher stammen die Musiker und Musikerinnen, die in der ersten Publikationsrunde des bestechenden Fördermodells «99verleger» zusammen sechs Tonträger vorlegten. Zur Erinnerung: Tonträgerproduktionen werden von 99 Personen (aka Verleger), die 99 Franken zahlen, in einem «Hochrisiko»-Vorverkaufverfahren gleichsam blindlings abonniert, ohne vorab zu wissen, was da auf einen und eine zukommt. Im Lauf des Jahres gibts dann mit Absender Goldon Records frei Haus Überraschungspakete mit CDs drin. Im ersten Jahr waren das, in chronologischer Reihenfolge: Dans la tente: Knights The Bucket: Kick the Bucket Neviss: The Good Men Joules: Expression Exhausted Caprice: Still Water Manao: Wait A Second Sie alle waren nun nominiert, um nach der schriftlichen Wahl durch die Verleger mit Auszeichnungen für den besten Song und das beste Album belohnt zu werden. Noch wurde es aber spannend gemacht. Jede Band spielte im Fourmi einen Song, dazu kamen ab Video Statements einer Expertenrunde – generelle Einschätzung plus Antwort auf die Frage, wo Steigerungspotenzial auszumachen ist – in der Besetzung Ismail Osman (Neue LZ, Les Yeux sans Visage), Marco Liembd (noch DRS 3, bald Pilatus) und Stefan Stibe Zihlmann (unser aller Radio 3fach). Ivo Amarilli aka Baby Genius (als solcher bald wieder ab CD Laut gebend) von Ex-3fach, heute Radio DRS Virus plus Schweizer Farbfernsehen, führte kompetent durch den Abend, nicht ohne im Anschluss an die Kürzestkonzerte und die Expertenstatements die Bands noch kurz befragt zu haben.

So wurde es eine schöne, abwechslungsreich tönende Auswahlschau des aktuellen hiesigen Popschaffens, wo mal «mehr Hall» empfohlen wurde oder wahlweise auch «mehr Eier» sowie Dynamik oder dann «dranbleiben», «mehr üben» etc. An Luc («Le Beau») Bachmann von Dada Ante Portas war es, aus erfahrener (und erfolgreicher) Musikwarte zu berichten und als Glücksfee (bzw. Resultatverkünder) zu amten. Um es kurz zu machen: Wer noch im Januar sturzbetrunken für «Streetlights» in der Schüür den «Kick Ass Award» von Radio 3fach für den besten Song entgegennehmen konnte (hier nachzulesen), konnte es auch gestern Mittwoch im Fourmi tun. Genau, es sind Dans la tente (Bild oben). Gratulation. Es wurde auch nicht wie damals eine Schüür-Treppe hinuntergepurzelt, sondern bewiesen, dass man noch eine Treppe (der Fourmi-Tribüne) stolperfrei rauf- und runterrennen kann. Kopf an Kopf die Entscheidung in Sachen Album: Ex-aequo durften da Neviss und Dans la tente den zu teilenden Preis einheimsen.

Noch war kein Ende abzuhören. Nach dem offiziellen Teil und der Rauchpause im kühl-nassen Freien ging's noch weiter mit einem gelungenen Showcase: Alvin Zealot (Bild rechts), die Ex-Museggler Schülerband, haben in der neuen, zweiten 99verleger-Saison 2010/2011 mit dem exzellenten Album «Tears Of St. Lawrence» den Reihen-Auftakt gemacht. Die vier schwer Talentierten zeigten als Weltpremiere ihren in Leipzig gedrehten Videoclip «Friend Or Foe» und spielten ein zünftiges Set. Wenn es eine Gerechtigkeit auf dieser Welt gibt, wird man von ihnen noch einiges zu hören bekommen. Das PS nicht zu vergessen: Mit einer Ausnahme hat sämtliche 99-Verleger-Tonträger ein gewisser Tobi Gmür in Luzern-Littau kundig in seinem Studio Chevalac Recordings aufgenommen und auch produziert. Nicht ohne väterlichen Stolz darf er auf seine Sprösslinge (sprich: CDs) blicken.