Die Psychoanalyse als ein Weg des Scheiterns

Peter Schneider, der Psychoanalytiker mit der spitzen Feder, kam, las aus seinen Kolumnen und diskutierte mit dem DRS-2-Programmleiter und Philosophen Marco Meier über gesellschaftliche wie eigene Zwangsneurosen, Sinn im Unsinn und Roger de Weck.

Die Loge wartet jede Saison mit (noch) besserem Programm auf. Diesmal unter anderem mit einer Nouvelle-Vague-Filmreihe, einer Lesebühne und illustren Gästen wie Peter Schneider. Freie Plätze waren Mangelware, trotzdem musste niemand nach Hause geschickt werden. Dafür entwickelte man eine gewisse Affinität zu Dosensardinen, was aber irgendwie gerade den Charme dieses Veranstaltungsortes ausmacht. Eine kleine Bühne, viel Volk, Körperkontakt. Die Lesung begann, wie die meisten Lesungen beginnen. Peter Schneider wurde kurz vorgestellt – was eigentlich gar nicht mehr nötig gewesen wäre – und las aus seinen mal bitterbös spöttischen, mal tristen, zum Nachdenken anregenden Kolumnen. Leider schlug er ein Sonderangebot der (sonst qualmfreien) Loge aus, das ihn währenddessen zum Rauchendürfen befugt hätte. Das Publikum lauschte gebannt, lachte mal an den richtigen, mal an den falschen Stellen. Immerhin: Prächtige, humorvolle Unterhaltung, die sogar noch intelligent ist. Wo kriegt man das heute sonst noch serviert? (Blick am Abend?) Der erste Text hörte auf den Titel «Erlaubt ist, was nicht stört, aber alles stört», ist eine Polemik und vom Tagi gedruckt worden. Doch Nacherzählen bringt nix. Nachlesen kann man (verschiedenes) hier und hören da. Das anschliessende Gespräch mit Marco Meier – die beiden dinierten davor bereits gemeinsam – eröffnete einen spannenden Einblick in Schneiders Denken, Arbeiten und Weltsicht. So erfuhren die Hörenden (nicht Hörigen!), dass seine Arbeiten während des Studiums meist mit «Freud und ...» begannen, dass die Psychoanalyse eine Theorie des Scheiterns ist, dass Schneider sich nervt, dass die Hälfte seines Wikipediaeintrags aus der Information, dass er die Maloney-Stimme ist, besteht (stimmt doch gar nicht! –also das mit der Hälfte), dass er immer der kleine Dicke in der Klasse war – welche Klasse hat schon keinen? –, dass man nie weiss, was rauskommt beim Denken. Das Gespräch driftete von Zeit zu Zeit vom Thema ab, jedoch nie ins Banale oder gar Langweilende. Meier verstand es, bei seinem Gesprächspartner jene Antworten abzuholen, die interessierten. So wurde diese Konversation – was leider selten genug ist, bei Anlässen dieser Art, wie man beispielsweise hier liest – zu einem Gespräch auf gleicher Augenhöhe. Alles in allem war es ein Hochgenuss für Ohr und Intellekt. Und vorbei ist vorbei, verpasst ist verpasst. Tja. Bis zum nächsten Mal.