Liebe Leser:innen
Seit einigen Wochen ist das renovierte Richard Wagner Museum in Luzern wieder für Besucher:innen geöffnet. Von der temporären Baustelle ist nichts mehr zu sehen, die Gemächer Wagners, der sechs Jahre auf Tribschen lebte, sind originalgetreu und mit viel Liebe zum Detail restauriert worden. Das Eintauchen in Wagners Welt wird zelebriert, sein Antisemitismus ignoriert. Dem Museum scheint es sichtlich schwerzufallen, an die problematischen Aspekte des deutschen Komponisten zu erinnern. Warum eigentlich?, fragt Autor Jan Miotti nach seinem Besuch im Museum.
Erinnern, ohne zu heroisieren, und Teile der Geschichte anzuerkennen, die einem nicht gelegen kommen, bereitet offenbar Mühe. Doch diese Mühe – und die Arbeit, die damit einhergeht – ist zwingend notwendig. Auf diesen Aspekt kommt auch die Historikerin Rachel Huber zu sprechen. Huber forscht an der Universität Luzern zu Erinnerungskultur und hebt im Interview hervor, wie wichtig es sei, einen Umgang mit umstrittenen Denkmälern und Erinnerungsorten zu finden.
Diese Reflexion wünscht man sich aktuell auch beim Richard Wagner Museum. Die Verantwortung, die antisemitische Hetze Wagners aufzuarbeiten, liegt allerdings nicht nur bei der Institution selbst, sondern auch bei der Stadt Luzern als Eigentümerin. Eine «angemessene Aufarbeitung» fordern nicht zuletzt die SP und die Grünen in einem Vorstoss, der Anfang Juni eingereicht wurde.
Um Verantwortung geht es auch bei einem weiteren Thema dieser Ausgabe: dem Château Gütsch. Die investigative Recherche von Jonas Frey lässt neue Verbindungen zwischen dem Besitzer Kirill Androsov und dem Kreml vermuten. Was an dieser Geschichte besonders fasziniert, ist das vertrackte System von Offshore-Firmen, die unter anderem in Beziehung mit der Sberbank stehen. Mit jener russischen Grossbank also, die gerade jetzt eine zentrale Rolle in Putins (Kriegs-)Wirtschaft einnimmt. Luzern als Zufluchtsort von Oligarchen? Unweigerlich stellt sich die Frage: Wer trägt die Verantwortung für Aufklärung und Sanktionierung? Was indes alle gerne auf Postkartenbildern sehen, ist ein malerisches Schloss, das über der Stadt Luzern thront.
Mit diesen Gedanken verabschieden wir uns in die Sommerpause. Wir lesen uns im September wieder.
Giulia Bernardi und Robyn Muffler