Die Metaphysik des Sexus – Christian Uetz im La Fourmi

Der Lautpoet Christian Uetz trug im La Fourmi Extrakte aus seinem neusten Werk vor, dessen Veröffentlichung sein Verlag Suhrkamp verweigert, da dieser den Text für obszön befindet. Er handelt von einer Liebe, die einseitig stattfindet und einem Mann, der ganz versessen darauf ist, an Sex zu sterben. Als Zugabe gab's einen bunten Querschnitt aus den zwei Jahrzehnten seines Schaffens. Potz Uetz!

Das Gedächtnis dieses Mannes muss phänomenal sein. Über eine Stunde trug er sie auswendig vor (okay, einiges Weniges las er ab): Seine Poeme, seine Geschichten. Seine Exerzitien voller Neologismen, Buchstaben- und Lautverschiebungen. Dass dieser Mensch einst Altgriechisch studierte, schimmerte durch – nicht bloss wegen der vielen Bibelbezügen in den Texten. Vielmehr durch ein Sprachgefühl und eine Lust am Spiel mit den Worten, die in dieser Versiertheit im deutschsprachigen Raum selten anzutreffen sind. Kurz vor dem Jahrtausendwechsel erhielt Christian Uetz den 3-Sat-Preis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs – die ja bekanntlich von einem Landsmann wrackiert wurde. Dies bloss als Randbemerkung –seitdem einige weitere. Das grosse Bekanntwerden jedoch blieb aus. Warum ist mir mittlerweile klar geworden wie frischgebrannter Puureträsch. Denn: Als Uetz sein neustes Projekt hinter sich gelassen hatte und in Begleitung eines Special Guests, des Saxofonisten Thomas Brütsch (der ebenfalls anwesende Fredy Studer wollte trotz seinen verzweifelten Avancen nicht trümmeln kommen), älteren Stoff zum Besten gab –eine Verballhornung des «Vater Unser» (wegen dem ihm einst ein Bauer mit der Heugabel drohte, aber das ist eine andere Geschichte. Wie sagte einst so schön Mani Matter? «Kunscht isch gäng es Risiko.») erst mit Roger Federer (hat nicht vor zwei Monaten am Slam ein junger Dichter was Ähnliches gemacht? Meine Erinnerung lässt mich im Stich), anschliessend mit was anderem, dann den Mini-Antiroman «Don San Juan» runtergebetet hatte – möglichst schnell, wie er sprüchelte, damit wir endlich fertig werden würden – liess Uetz, während er im Applaus davonschwamm, ein völlig überwältigtes Publikum darin versinken ... «Wow!» «Abgedreht!» «Ich habe nicht die Hälfte verstanden ... und das lag nicht an der Akustik.» «Too much ... aber verdammt genial.» «Gebt ihm den Nobelpreis!» Egal, was auch immer. Warten wir gespannt auf den Roman und schliessen Wetten ab, wer ihn herausgeben wird.

Der nächste Anlass von Barfood Poetry findet am 11. März 2010 statt. Es werden performen: Direct Raption & das unvergleichliche Uranium des CH-Rap, EKR.