Der Blues ist schon recht

Grand Casino Luzern, Do, 12.11.2015: Der Blues ist wieder in der Stadt, in gehäufter Form. Mit anderen Worten: Das Lucerne Blues Festival darf seine 21. Ausgabe feiern. Beim Start zum finalen Dreierriemen im Casino-Panoramasaal gabs viel Rot und Frauenmusik. Und aus einem kleinen Instrument kamen Töne wie vom Grossen.

(Bilder: Urs Hangartner)

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Das gabs noch gar nie, und meines Wissens besitzt in Luzern nur gerade ein einziger Mensch ein solches Instrument. Also, Frauen gabs natürlich schon früher beim Lucerne Blues Festival (LBF), aber dass da eine anstatt der ausgewachsenen Bassgitarre eine schön handliche Bass-Ukulele mitgebracht hat, ist wirklich erstmalig. Hilary Blithe heisst die Dame, die in der Band von Lil’ Jimmy Reed Bass spielt. Dieser 1939 geborene Gitarrist heisst bürgerlich Leon Atkins und ist bekannt für sein «stinging» (stechendes) Spiel. In glänzendes Rot gewandet, hat er ein Mikroport um den Kopf geschnallt. Wieso, zeigt sich bald: Der schon notorische Show-Effekt, die Bühne zu verlassen und mitten im Publikumspulk zu spielen, wird auch von Reed praktiziert. Einmal reisst die hohe E-Saite, was ihn hörbar zum ehrlichen Ausdruck hinreissen lässt: «That shit happens.» Spieltechnisch interessant (siehe auch weiter unten): Reed streicht viel mit den Fingern in Aufwärtsbewegungen über die Saiten, am Daumen steckt ein Pick.

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Fender hier, Fender da. Auch der gefürchig tatöwierte Sturgis Nikides spielt ein Modell dieser Marke. Er ist Gitarrist bei Low Society, wo seine Partnerin Mandy Lemons als wasserstoffblondes Energiebündel (und ebenso: Tattoos) die Bühne unsicher macht. Auch sie: Tattoos bis zum Abwinken, dazu eine fast schon furchteinlössende Gesichtsschminke. Aber bei all diesen Äusserlichkeiten: Da ist eine Powerstimme am Werk. Low Society spielen nicht nur den Blues, er wird zwischendurch gehörig in Rock getränkt. Es kann auch mal für länger auf einem Akkord bleiben und zünftig zur Sache gehen. Nikides, der viel Slide-Gitarre spielt, war übrigens mal in den 1980ern Sideman eines gewissen John Cale (ehemals Velvet Underground). Trend-Stichwort beim 21. LBF-Jahrgang 2015: Bottleneck.

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Dann kommt noch ein kleiner: Lil’ Ed ist mit seinen The Blues Imperials zugange, an der Gibson und mit zur Abwechslung Pick am Zeigfinger. Bandboss Ed ist, auch eine LBF-Trend, in Rot gekleidet, er trägt einen Pailleten-Anzug und einen strassbesetzten Brokat-Hut. Ohne Kopfbedeckung hatte er übrigens beim Eröffnungs-Act in Lil’ Jimmy Reeds Band Schlagzeug gespielt. Auch hier: Slide-Spiel und unverkabelt ins Publikum tauchen, das immer wieder verzückt ist, dass da einer zu ihnen hinunter steigt. Man hört munter intonierte Standards, darunter «Suzie Q» und «I Got My Mojo Workin’». Zum Ausklang tritt wieder eine Sängerin auf. Es ist Vaneese Thomas, Jahrgang 1959, ihres Zeichens Schwester von Carla Thomas und Tochter des legendären Rufus Thomas (1917–2001). Zuerst hofften wir, es gäbe mal einen Abend ohne Hammondorgel. Aber es steht von Anfang an eine auf der Bühne. Und es kommt, wie es kommen muss, bei Vaneese Thomas kommt eine Hammondorgel zum Einsatz. Wie heisst es schön: The blues is alright – Der Blues ist schon recht.

Lucerne Blues Festival Fr, 13.11. 19.00: Shawn Holt & The Teardrops; Lil’ Jimmy Reed; Wee Willie Walker & We R; Toronzo Cannon Band; Casineum: Marco Marchi & The Mojo Workers; Billy Branch & The Sons of Blues Sa, 14.11., 12.00, Hotel Schweizerhof: Blues Brunch mit Vaneese Thomas Sa, 14.11., 19.00: Murali Coryell; Billy Branch & The Sons of Blues; Marcia Ball; Major Handy & The Louisiana Blues Band feat. Lil’ Buck Sinegal; Casineum: The Travellin’ Brothers; Lil’ Ed & The Blues Imperials So, 15.11., 12.00, Hotel Schweizerhof: Blues Brunch mit Marcia Ball