Bis ihm die Brille von der Nase flog

Der New Yorker Christian Gibbs brachte überzeugenden Blues und Rock'n'Roll in den Sedel. The Choons waren auch da. Und Admiral James T.

Bevor er morgen Sonntag am schönen Halt-auf-Verlangen-Festival in Grünenwald spielt, machte der Brooklyner C. Gibbs im Luzerner Sedel Halt. Neben seiner angestammten famosen Band aus Kristin Mueller (Schlagzeug, auch mit Gibbs in der Band Lucinda Black Bear) und Frank Heer (Bass, sonst bei Melomane, Bingo Palace) war der Winterthurer Admiral James T. als Gitarrist dabei. In dessen Studio entstand übrigens ein Teil von Gibbs’ jüngstem, sechstem Album «Medicine Bag» – man hilft sich gegenseitig, schön. Zuerst waren an diesem Freitagabend die Sedelinternen The Choons als Support an der Reihe, leicht geschwächt durch die Absenz ihres Tastenmanns – doch um es vorwegzunehmen: Es geht auch ohne. Der Club war kurz nach 22 Uhr noch nicht übermässig bevölkert, man tastete sich behutsam ans lange Pfingstwochenede und trank sich langsam dem Konzertbeginn entgegen. The Choons entsprechen übrigens Frisur- und Garderobentechnisch perfekt ihrem Soulsound – der Damen Haare waren toupiert, es konnte losgehen. Die Band spielte vorwiegend Covers von rarem historischen Soulmaterial – ganz schön catchy und von einem zeitlosen Groove. Sängerin Emel Ilter vermag mit ihrer Stimme zu tragen und füllen und hat eine schöne Präsenz im Bühnenzentrum inmitten der um mehr als einen Kopf höheren Mitspieler. Auch Gibbs liess sich die Vorband nicht entgehen, nahm auf einem Hocker Platz und hörte zu, ebenso später der Admiral himself. Es gab eine Zugabe (Ilter: «Als Vorband gehört es sicht nicht, eine Zugabe zu spielen, das wisst ihr schon?!»), dann musste Gibbs langsam aufstehen und sich bereitmachen. The Choons überzeugten. Und klar, man konnte sich das auch mit Orgel gut vorstellen. Oder einem Saxofon? C. Gibbs hängte sich die Gitarre um und trat ein Blues-Folk-Rock’n’Roll-Feuerwerk los. Anfangs noch eher behutsam und schön melodisch gab es bald die ersten minutenlangen Gitarrenausbrüche, zu denen Gibbs seine Locken schüttelte und die Brille regelmässig auf dem Bühnenboden landete. Dabei dreschte Mueller ordentlich auf ihr Schlagzeug, nie zufällig, immer sehr präzis. Die beiden Herren an Bass (rechts) und Gitarre (links) markierten an den Flanken die Coolness. Der Club war nun anständig besucht, die Stimmung nicht überbordend, jedoch animierten das Bier und die scharfen Riffs zumindest zu Zwischenrufen und etwas Bewegung in den Beinen. Gibbs zauberte einen unverschämt dreckigen Sound aus seiner Akustikgitarre und seine Stimme überzeugte in jeder Lage. Die langen blueslastigen Passagen unterbrach er immer wieder mit melodiösen, countryesken Parts, was dem Konzert sehr gut bekam. Und eben, immer wieder die Brille. Das zweitletzte Lied in der Zugabe war dann das grossartige «Medicine Bag» (mit dem tollen Video, siehe unten), bevor sie sich mit einer Ballade von dannen machten. Im richtigen Moment, könnte man anfügen – es ist alles eine Frage des Timings. Es übernahmen an den Plattentellern Ilter & Boogaloo von den Choons. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=pq0YvKxC6sM&feature=player_embedded[/youtube]