Annäherung an die Romantik – ex negativo

Luzern, 22.3. Sebastian Krämer machte mit seinem Programm «Akademie der Sehnsucht» Halt im Kleintheater und hielt daraus eine Vorlesung.

«Ob Sie lachen zwischendurch, ist Ihnen überlassen. Humor ist sowieso Ihr Problem.» So kommentiert der Pianist, Dichter, Sänger und Kabarettist die Funktion des Publikums, die ihm während den folgenden Stunden zwangsläufig zuteil wird. In der Tat erscheint einem ein lauter Lacher als Reaktion auf Krämers feingeistigen Witz nicht selten als allzu plump. Auswegsmöglichkeiten gibt es trotzdem keine. Das deutsche Ausnahmetalent mit «philosophischem Familienhintergrund» (sein Grossvater war der berühmte Nicolai Hartmann) besingt beinahe Alltägliches. Seine Chansons handeln von Giraffen im Zoo, die den Auftritt vermiesen können, oder vom Sekundärliebeskummer, wenn sich der beste Freund von seiner Geliebten trennt. Diese Geschichten erzählt er klassisch oder jazzig vom Klavier – und zuweilen auch vom Cellisten Gregor Nowak begleitet. Sebastian Krämer vermittelt mit seiner eleganten Erscheinung und der gewählten Ausdrucksweise den Eindruck eines distinguierten Herrn aus längst vergangenen Zeiten. In aller Höflichkeit schmeisst er jedoch mit bitterböser Ironie um sich, hat beim Anblick von Satanisten Mitleid mit Satan oder zieht über schöne Herzensbrecherinnen her. Stets sind seine Abhandlungen von aussergewöhnlicher sprachlicher Finesse und Poesie erfüllt. Auf der Suche nach der Bedeutung des Begriffes Romantik greift er Sehnsüchte auf, die bestimmt nichts damit zu tun haben – jene nach den 80er-Jahren zum Beispiel. Im Lied dazu singt er vom «Ding, das die Treppe runtergehen kann», meint damit wohl die regenbogenfarbenen Spiralen, die man als Kind kannte, und lässt so ganz unverhofft etwas von Kafkas «Odradek» mitschwingen. Sitzt Krämer mal gerade nicht am Klavier, tritt er zum Bühnenrand vors Publikum und referiert – in einem noch höheren Tempo, als er schon singt – hie und da etwas über Kant oder die Dissertation seines Bruders. «Vielleicht haben Sie gedacht, es wäre etwas kabarettistischer, was ich hier mache, aber das ist mir zu anstrengend», meint er dann zum Schluss noch und entlässt die Zuschauer in die Freiheit zum Verdauen.