Alles in Butter

Neubad, 15.11.16. Wenn Medienleute über Medien reden: ein seichter Neubad-Talk mit LZ, NZZ, SRF und 20minuten.

Wer macht die besten News in Luzern? Die Antworten zur gewollt-provokanten Einstiegsfrage: Man lobt alle ein bisschen, aber vor allem wird eine gesunde Medienvielfalt konstatiert. Also: Wir machen alle gute News, niemand die besten. Damit war das Fazit des Abends vorweggenommen. Das letzte Publikumsvotum fragte, ob denn angesichts der harmonischen Diskussionsrunde die Zentralschweiz eine mediale Modellregion sei? Eine der Antworten: «Kollegen-Bashing ist im Journalismus geradezu verpönt.» (Man hätte also können, wenns nicht verpönt wär?) Daneben etwas Kränzchen binden für 3fach und Zentralplus. Eine andere Antwort: «Hätts euch denn gefallen, hätten wir uns auf den Grind gegeben?» Und hier ertappt man sich als Zuschauer schon etwas. Fast enttäuscht sind wir ob dem Frieden unter den Journis, haben wir uns doch an den gehässigen Konflikt als Normalzustand des öffentlichen Diskurses gewöhnt. Dabei sollten wir doch glücklich sein, wenn wir in der Zentralschweizer Medienlandschaft einen Flecken heile Welt entdecken. Vielleicht ein kleiner Seitenhieb bei einer dritten Antwort: «Ich respektiere alle Medienschaffenden, die nicht bewusst und konstant Schwachsinn produzieren.» Aber das betrifft höchstens hier Abwesende.

Das Gedeck bleibt in Reih und Glied.

Das Gedeck bleibt in Reih und Glied.[/caption] Zwischen Einstiegs- und letzter Publikumsfrage all das, was man an einer Diskussion über (regionale) Medien erwartet:

  • Herausforderungen des Lokaljournalismus und Ode an ihn: «Über globale Ereignisse etwas zu sagen ist viel einfacher als dem Menschen vor Ort kritisch gegenüberzutreten.» Bleibt zu hoffen, dass zwischen oberflächlichem Weltsensationismus und eskapistischer Lokalempathie auch noch Platz für einen Journalismus ist, der die Verantwortung der Kleinen für das Grosse aufzuzeigen vermag.
  • Nachrichtenqualität: «Viele sind gar nicht mehr an Fakten interessiert. Aber das ist bei uns glaubs noch nicht so.» Nein, bei uns natürlich nicht. Nur bei den Anderen. Zu diesem Thema hat übrigens unser neugewählter Präsident übergeleitet – der kreuzt dieser Tage früher oder später in jedem Gespräch auf (vgl. Godwin's Law).
  • Politische (Nicht-)Position der Redaktionen: Hier darf sich die NZZ wiedermal zu Recht brüsten mit ihrer Exklusivität des Haltunghabens. Das SRF-Regiojournal beschreibt sich als gut durchmischt und intern kontrovers. 20minuten hat dazu keine Meinung. Die LZ labelt sich auch ohne N mit «Forumszeitung»: «Wenn am Morgen die Linke und am Abend die Rechte am Telefon reklamiert, haben wir unseren Job gut gemacht.» Dazu verschmitzt lächeln. Links-Rechts-Schematismus bedienen: check. Und: Ist Kritik von allen Seiten Symptom für Differenziertheit oder Beliebigkeit?
  • Herausforderungen Internet (immer noch was Frisches) und Smartphones (noch frischer): «Hier betreiben die Medien Kannibalismus mit ihren Gratis-News.» Ein Grossteil der Diskussion dreht sich um das wirtschaftliche Überleben angesichts dieser Herausforderungen. Das Überleben der Medien. Man ist wenig optimistisch. Während im Veranstaltungshinweis auf neubad.org steht: «Ohne Medien würde unsere Demokratie nicht funktionieren.» Über die Medien als Vierte Gewalt wird jedoch kaum gesprochen. Es bleibt beim selbstbezogenen Konsens, dass man sich in einem Umbruch befindet und die Redaktionen und Verlage «sich damit auseinandersetzen müssen.»
  • Journalismus als Branche: Einigkeit, dass es an Nachwuchs nicht mangelt. Die Arbeitsplätze sind das Problem. Die NZZ weiss zu relativieren: «Welcher Job ist heute schon noch sicher?»

Moser, Valsecchi, Aschwanden (v.l.n.r.)

Moser, Valsecchi, Aschwanden (v.l.n.r.)

Nach etwa 40 Minuten blitzt ein erstes Mal die Möglichkeit eines dialektischen Vorankommens auf. 20minuten: «Eines wird immer bleiben: ohne Reichweite geht nichts.» LZ: «Ja, aber die Frage ist doch, wie wir diese schaffen...» Hier zwängt die Moderatorin  ab, um in den letzten Minuten fürs Publikum aufzumachen. Hitzig wurde es nie, aber einmal lustig. SRF: «Wir haben von der politischen Einstellung, Gender, Alter etc. her einen gut durchmischten Pool.» MAZ-Studienleiterin Stöckli wirft ein: «Also hier oder bei euch auf der Redaktion?» Der Schalk trifft einen wunden Punkt. Denn wer hat neben Stöckli diskutiert? Leute von der LZ (Stv. Chefredaktorin Valsecchi), der NZZ (Zentralschweiz-Korrespondent Aschwanden), vom SRF (Regionaljournal-Redaktorin Eisner sowie SRF2Kultur-Redaktorin Moser als Moderation) und von 20minuten (Luzern-Redaktionsleiter Messmer). Also alle fünf von etablierten, national agierenden Medienhäusern (NZZ-Gruppe, Tamedia, SRG), alle fünf als Produzierende im ‚inhaltlichen’ Bereich der Medien tätig. Wünschten sich die Organisierenden ein gepflegtes Gespräch unter Fachleuten vom selben Schlag? Das wäre in einem Sitzungszimmer wohl ergiebiger gewesen.

Stöckli, Eisner, Messmer (v.l.n.r.) - getrunken wird nach dem Dienst.

Stöckli, Eisner, Messmer (v.l.n.r.) - getrunken wird nach dem Dienst.

 

Der Neubad-Talk in voller Länge ist auch online zu finden.