Abkratzen in der weissen Hölle

Das Krienser Ensemble Sofa Theater führte am Sonntag im Luzerner Sousol drei der dreizehn üblen Geschichten aus Ulrich Knellwolfs «Tod in Sils Maria» als Live-Hörspiel auf. Eine Sache wird dabei sehr deutlich: Von Ferien im Engadin ist abzuraten.

Das Publikum hat es sich auf den Kinosesseln bequem gemacht, Kopfhörer aufgesetzt. Es ist noch das letzte Rattern des nach Sils Maria einfahrenden Zuges zu hören. Dann werden die Fahrgäste gebeten auszusteigen. Die Truppe des Sofa Theaters macht die Aufstellung vor den Mikrophonen oder hinter den diversen Gerätschaften, mit denen die Soundeffekte produziert werden. Alle bereit zum grossen Sterben? Na dann. Die Handlung beginnt mit dem Anruf eines alten Stammkunden des Grand Hotel. Zum zweiten Mal in den über 20 Jahren seiner jährlichen Besuche lässt der Mann seine Reservation ändern. Vor 7 Jahren kam zu seinem Einzelzimmer ab Donnerstag ein weiteres Einzelzimmer ab Samstag hinzu. Für seine Tochter, wie sich herausstellen sollte. Die dem Tratsch nicht abgeneigten Rezeptionistinnen hätten anscheinend lieber eine heisse Affäre mit der Assistentin gesehen, aber das Engadin ist eben nicht Hollywood. Die Änderung der Reservation erwies sich jedenfalls als schlechtes Omen, denn in jenem Jahr gab es eine Lawine, die ein Todesopfer forderte. Dieser Vorfall wird in der zweiten Geschichte geschildert, welche fliessend eingeleitet wird. Der Anfang der dritten Geschichte ereignet sich dann zwischen der zweiten Reservationsänderung jenes Stammgastes – anstatt dem zweiten Einzelzimmer ab Samstag sollte es nun ein Doppelzimmer sein – und dem Eintreffen von dessen Tochter und ihrem Begleiter. Eine Fotografin schiesst Bilder am Ort des Lawinenunglücks. Beim Ausdrucken der Bilder fallen zwei Dinge auf. Erstens: Die Bilder sind sehr gut gelungen. Zweitens: Die Konstruktion des inzwischen gebauten Lawinenschutzdammes weniger. Das Fundament weisst erhebliche Schwächen auf. Den lokalen Verantwortlichen interessiert jedenfalls nur ersteres. Der Fotografin wird eine Vernissage im Grand Hotel (inklusive Canapés!) angeboten, und damit ist die Sache erledigt. Zurück zur Rahmenhandlung. Die Tochter des Stammgastes taucht mit ihrem Verlobten auf. Schockschwerenot: Es ist ein alter, fetter, rüpelhafter und ganz nebenbei stinkreicher Engländer. Das passt dem zukünftigen Schwiegervater gar nicht. Und um es kurz zu machen: Shakespeare hätts gefallen – am Ende sind so gut wie alle tot. Tolle Sache, dieses Engadin. Für die Soundeffekte darf man ein grosses Lob aussprechen, diese waren durchwegs stimmig. Die Qualität der auftretenden Charaktere sowie die Schauspielleistung war dagegen unterschiedlich gut. Und auch die Story war mehr als voraussehbar. Über weite Strecken wirkte das Ganze wie ein etwas bieder geratenes Pfaditheater, insbesondere die beiden kürzeren Geschichten. Aber es wurde ja auch nicht die hohe Kunst angestrebt. Es war ein Laientheater und so sah es auch aus, beziehungsweise hörte es sich an. Die Länge des Stückes passte, man sass sehr bequem, es wurde nie langweilig und dem Publikum hat es offensichtlich auch gefallen. Ziel erreicht.