3 Musiker, 1 Maler

Mullbau Luzern, 17.01.2016: Von Dynamik, Chaos und viel Feingefühl! Manuel Troller, Sebastian Strinning und Gerry Hemingway – Tree Ear im Mullbau!

Ich höre ganz genau hin. Wenige Stimmen der Gäste im Raum, die Instrumente ruhen noch, nur in der vordersten Reihe huscht bereits ein Bleistift federleicht durch die Luft und über das Papier und hält die noch menschenleere Situation auf der Bühne fest. Wenige Minuten später höre ich ein feines Schleifen von Besen und Snare und luftige Geräusche vom Saxophon und dann verliere ich langsam die akustische Spur der Bleistift-Striche. Werner Meier ist ein vielseitiger bildender Künstler aus Luzern und malt und zeichnet seit vielen Jahren Jazz-Musiker bei ihrem Spiel. Heute Abend sind das Manuel Troller, Sebastian Strinning und Gerry Hemingway – zusammen Tree Ear! Das Konzert beginnt ruhig und unaufgeregt mit einer von Sebastian Strinning geführten Saxophon-Passage – dann ist die Band bereits mitten im musikalischen Wechselspiel und ich im Wechselbad der Gefühle. Ihr virtuoser Umgang mit Spieltechniken und das Umverteilen der Rollen führt nach rund 20 Minuten in ein ungeahnt hektisches und sehr lautes Gewirr aus zeternden Klängen aller Instrumente, welches den Raum zu sprengen droht, dann aber auf einmal zerschellt – die Scherben werden fortgetragen von Strinnings abermals sanften Klängen und den illustrierend-perkussiven Gesten von Gerry Hemingway am Schlagzeug.

Datei 18.01.16, 17 27 14

Einzig Troller spielt elektrisch verstärkt. Er setzt seine Effektgeräte und Spielweisen sehr pointiert und differenziert ein, gestaltet das Klangbild harmonisch aber auch häufig perkussiv mit. Durch die grosse Bandbreite an Klängen, die er Gitarre und Gerätschaften entlockt, schafft er ein interessantes Pendant zu bestimmten rhythmischen und illustrativen Strukturen des Schlagzeug-Spiels. Genauso bieten aber seine teils leichten, gewobenen Sounds viele Anhaltspunkte für melodische Interaktion mit Strinning. Das Spiel zwischen Gitarre und Saxophon ist sehr diskursiv – wenn beide Musiker an den selben Tönen vorbeigehen, entstehen schwebende Tänze, dezent gestützt von Hemingway.

Datei 18.01.16, 17 34 39 Datei 18.01.16, 17 44 55

Dieser hat neben seinem vierteiligen Schlagzeug einen Beistelltisch voller Klangkörper und Schläger bei sich stehen – ein ähnliches Bild wie bei Werner Meier, der ein mit Malutensilien gedecktes Tischchen vor sich stehen hat. Hemingway führt das Trio sanft in Steigerungen hinein und kreiert eine Rhythmik zwischen befreitem Klangmalen und vermeintlich gleichförmigen Mustern, die er spielerisch mit Pausen durchsetzt, verkürzt oder variiert. Der Dialog mit Manuel Troller funktioniert sehr gut – rhythmische Konstanten werden dezent von Hand zu Hand gereicht.

Datei 18.01.16, 17 26 27

Am bescheidensten tritt Strinning den Abend an, der lediglich zu Tenor-Sax und Bass-Klarinette greift. Er verschmilzt mit seinen Instrumenten, macht aus Wind Klang und spielt lange, melodische Bögen, die er ab und an chromatisch bricht und so den Raum für die pure musikalische Unberechenbarkeit und seine kräftige Virtuosität frei macht. Die drei Musiker reizen ihre Stilmittel nie zu lange aus, störende Repetitionen von Elementen gibt es keine und man spürt einen von allen Musikern gestalteten und getragenen Charakter des Trios. (Werner Meier lässt während den zwei Sets Bleistift und Pinsel tanzen und schafft ein spannendes Bild des Trios, welches ihm beim letzten Ton aber noch nicht abgeschlossen scheint und so ermutigt er die Musiker dazu, eine Zugabe zu spielen, was auch passiert und fertig war ist Bild.)

Datei 18.01.16, 17 29 16