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Bild Nina Reiter’s MetaLogue von Arthur Häberli

01.04.24

Musik

Zeit für Neues

Die Komponistin und Sängerin Nina Reiter interpretiert Werke von Mani Planzer mit ihrem Ensemble neu. Dabei setzt sie auf feministisch gefärbte Texte und mehr Frauen in der Besetzung.

Anja Nora Schulthess (Text) und Arthur Häberli (Bild)

Wir treffen uns im Neubad, an einem verhaltenen Frühlingstag im März. Ein frischer Wind weht, nicht nur draussen, sondern auch im Neubad, wo sich vermehrt Teenager und junge hippe Familien treffen. Unter ihnen sitzt auch Nina Reiter, trinkt Ingwertee, wie es sich für Sängerinnen gehört, redet schnell und erzählt in charmant österreichischem Dialekt, wie sie in Luzern «hängengeblieben» sei. Eigentlich habe sie zurück nach Wien gewollt, aber dann habe es ihr hier so gut gefallen, dass sie geblieben sei.

Die in Graz geborene Sängerin hat in Luzern den Master in Jazzgesang absolviert und ist nun als Komponistin, Sängerin und Pädagogin tätig. Die Parallelen zum Luzerner Komponisten und Musiker Mani Planzer, der auch als Schul- und Chorleiter aktiv war, liegen also auf der Hand. Aber wer ist Mani Planzer, und vor allem: Was hat Nina Reiter mit seiner Musik vor?

Jemand, dem Sparten nicht viel sagten

Mani Planzer sei ein unkonventioneller Künstler gewesen, der seinen eigenen Weg gegangen sei und oft auch nicht verstanden wurde, erzählt mir Nina Reiter, die ihn nicht persönlich gekannt hat, aber mit ihm nahestehenden Menschen gesprochen hat. Klassisch ausgebildet, ist er als Autodidakt zum Jazz gekommen. «Revolutionär» sei seine Arbeit gewesen, etwa sein «MorschAchBlasorCHester», dessen eigenwilliger Anstrich sich schon an der Schreibweise zeigt. Dieses Blasorchester kam ohne Dirigent aus und liess zuweilen auch Maler:innen und Schriftsteller:innen am Projekt mitwirken. Mani Planzer war jemand, dem Sparten nicht viel sagten.

Als Musiker sei er oft angeeckt, manchmal auch als Mensch. «So wie ich das mitbekommen habe, hatte er eine jähzornige Seite, die sich manchmal abrupt zeigte», sagt Nina Reiter und schmunzelt. Gerade so, als sei sie ganz froh, zumindest diesen Charakterzug nur vom Hörensagen zu kennen.

Das Nicht-verstanden-Werden, davon zeugt vielleicht auch der Preis für sein Lebenswerk, der ihm ein Jahr nach seinem Tod verliehen wurde. Der Ansicht, dass Mani Planzer zu wenig Anerkennung erhalten habe, ist zum Beispiel seine Witwe Silvia Planzer, die man im hiesigen Kulturschaffen als Sängerin, Schauspielerin und Sprecherin kennt. Dies betonte sie in Gesprächen, die Nina Reiter mit ihr im Rahmen ihrer Recherche geführt hat.

Das Nicht-verstanden-Werden, davon zeugt vielleicht auch der Preis für sein Lebenswerk, der ihm ein Jahr nach seinem Tod verliehen wurde.

Visionäres neu interpretiert

Nun interpretiert Nina Reiter Mani Planzers Werke mit ihrem Projekt «Nina Reiter’s MetaLogue: ‹The Music of Mani Planzer›» neu. Die Plattentaufe findet Mitte April im Rahmen der Stanser Musiktage statt.

Ein ähnliches Projekt gab es schon vor etwa zehn Jahren unter der Leitung des Komponisten Thomas K. J. Mejer, ein Hochschulprojekt anlässlich Planzers 75. Geburtstags. Damals war Nina Reiter als Musikerin im Ensemble dabei, hat die Stücke von Mani Planzer mitgeprobt und aufgeführt. Heute sei es an der Zeit, das Projekt wieder aufzunehmen. Mit einer zeitgemässen Aktualisierung.

Die Version von Nina Reiter ist feministischer, was sich an der teils neuen Besetzung des Ensembles und den lyrischen Texten zeigt. Das Programm der Neuinterpretation setzt sich aus Werken unterschiedlicher Perioden zusammen. Geschrieben hat die lyrischen Texte Nina Reiter selbst, auch die neuen Arrangements stammen von ihr. «Gleichberechtigung, Feminismus, das fliesst immer ein», sagt sie. Sie habe einfach mehr Frauen gewollt, fährt Nina Reiter fort. Letztlich mache es aber die ausgewogene Besetzung aus: Viele der Musiker:innen, die heute Teil von MetaLogue sind,waren schon vor zehn Jahren dabei.

Mani Planzers Musik, seien dies Stücke aus seiner Bigband, aber auch von seinem Morschacher Blasorchester, seien visionär. Und gerade deshalb sei es so reizvoll, sich ihr noch heute anzunehmen. Die Experimentierfreude dieses Musikers, so Nina Reiter, suche ihresgleichen. Mit ihrem zehnköpfigen Ensemble aus risikofreudigen Musiker:innen sorgt nicht nur der Frühling, sondern auch sie für frischen Wind.

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