Zur Salle modulable: Die schöne Fantasie

Die Salle modulable, «das Zauberwerk» (Dominique Mentha), ist der neue Podest-Traum der Standortmarke Luzern. Im multifunktionalen Design dieser mindestens 100 Millionen schweren Kulturhülle soll dereinst zeitgenössisches Musiktheater in ungewohnten Bühnensituationen gespielt werden. Die IG Kultur hat anfangs Dezember in den Südpol zu einer ersten Diskussion geladen. Am Podium sassen mit Michael Haefliger der Initiant der Salle modulable und eine Reihe von ausgewählten Kulturvertretern.

Zwei Dinge waren erstaunlich: Der grosse Publikumsaufmarsch und das grosse Schweigen einer potentiellen Opposition. Die erhellendsten Podiums-Beiträge kamen vom Historiker Valentin Groebner und vom Musik-Dozenten und Komponisten Urban Mäder. Beide dachten den Traum des Neuen konsequent weiter. Groebner stellte die Frage, ob man nicht vom Prunkbau weggehen und stattdessen für fünf bis zehn Jahre eine bewusst vergängliche Struktur ermöglichen sollte, in denen neue Dinge entstehen könnten: «Darauf verzichten, ein zweites KKL zu bauen, und dafür einen offenen Stadtraum ermöglichen.» Ähnlich sinnierte Urban Maeder. Er brachte eine «Salle Mobile» mit beweglichen Gebäudeteilen, Dachkonstruktionen, Überdachungen ins Spiel, die an verschiedenen städtischen Orten eine temporäre Infrastruktur ermöglichen könnte. Diese Suche nach «etwas wirklich Neuem» (Moderatorin Daniele Muscionico) brachte Michael Haefliger ins Stirnrunzeln: «Wenn man künstlerisch tiefgreifende Projekte realisieren will, braucht es eine richtige Infrastruktur. Diese kann man nicht jedes Jahr neu auf- und wieder abbauen.» Ein zweiter bedenkenswerter  Input kam von Alex Willener, Dozent Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. Er diskutierte eine Salle modulable unter dem Aspekt der Stadtentwicklung und fragte sich: Wenn man schon politisch einen grösseren Stadtraum denkt, warum dann nicht die Salle modulable am Kasernenplatz, am Seetalplatz oder in der Industriebrache von Emmen bauen? «Es wäre eine Intervention, die einer polyzentrischen Stadtentwicklung neue Impulse bringen könnte.» Unterstützt wurde der Standortvorschlag Emmen vom Kulturjournalisten Christoph Fellmann. Er würde sich eine Salle modulable wünschen, die für die ganze Luzerner Szene und auch für andere Sparten durchlässig wäre. Aber auch: «Dass das nicht ein Leuchtturm wird, der über eine Landschaft strahlt, in der nichts anderes mehr zu sehen ist.» Gegen Schluss fragte die Moderatorin: Wo bleibt der Unmut der freien Szene? Vielleicht ist er nur kurz mal nach draussen Zigaretten holen gegangen.

Diskussionsrunde «Kulturstadt Luzern» – Stadtentwicklung und Kulturraumproblematik: DI 26. Januar, 19 Uhr Südpol Luzern. Informationen: www.kulturluzern.ch Zur Salle modulable siehe auch folgende Kulturteil-Beiträge: > Salle modulable konkret (Von Pablo Haller) > Heute: Bluthochzeit (Von Christoph Fellmann)