Whatever happened to my Rock'n'Jazz – Marochine, Mnevis und Flieder im Südpol

«Postpoprockjazz from Switzerland» nannten sie es, als Marochine (LU), Mnevis (AG) und Flieder (SG/ZH) diesen Sommer zwei Wochen gemeinsam in Deutschland unterwegs waren (siehe Artikel Kulturmagazin Juli/August 2010). Am Freitag kamen sie in den Südpol und demonstrierten eine beeindruckende Eingespieltheit.

Neun Konzerte haben die drei Bands in Deutschland gespielt – das schweisst zusammen und gibt Spielsicherheit. Nicht, dass ich eine Vergleichsmöglichkeit gehabt hätte, aber doch war die Eingespieltheit augenscheinlich. Beispielsweise bei Mnevis (Bild rechts), die am Freitag als erste Band auftrat (auf der Tour wechselten sie die Reihenfolge ab): Die fünf Musiker wechselten sich nach fast jedem Song an den Instrumenten, was jeweils viel Bewegung zur Folge hatte. Doch sie taten das mit blinder Vertrautheit und erstaunlicher Zielsicherheit. Mnevis waren die einzigen, die ab und an etwas Gesang (meist in der Kopfstimme, manchmal mehrstimmig) in die Klangwelten einstreuten. So gesehen war ihre Darbietung die vielleicht poppigste und am leichtesten zugängliche von allen – jedoch auch etwas weniger reizvoll und weniger konsequent als die nachfolgenden Marochine (sehr bass- und beatlastig und mit allerlei Synthie-Effekten) und Flieder (nur Schlagzeug und Gitarre, die das Maximum an Intensität herausholen). Die Instrumentierung jedoch gefiel: haufenweise Gitarren oder eine zusätzliche den Beat unterstützende Trommel etwa.

Die hiesigen Marochine (Bild rechts) demonstrierten sehr schön einen Art Konsenssound von Musikern aus verschiedenen Ecken herkommend. Da sind einerseits ein Schlagzeug, das verschachtelte Beats (ich hab irgendwann aufgehört, jeweils die Taktart herausfinden zu wollen) derart radikal hämmert, und ein Bass, der die Wirkung effektvoll unterstützt. Das gibt – andererseits – Raum für Gitarre und Synthesizer mit Effekten hüben und drüben. Das war nicht nur problemlos tanzbar, sondern auch überhaupt nicht «schwierig», wie man bei Instrumental-Bands oft schnell versucht ist, als Ausrede anzubringen. Die Effektsammlung des Gitarristen und die Synthie-Bastelei lassen wohl jedes Soundtüftler-Herz höher schlagen. Kaum auszudenken, wie man das auf einer Deutschlandtour organisiert, ohne dass alles «zunderobsi» kommt.

Wie auch immer – die Zeit war schliesslich reif für Flieder (Bild rechts), es war bereits zur fortgeschrittenen Stunde und gut die Hälfte des Publikums bereits wieder verschwunden: Die Gitarre, die gleichzeitig auch Bass und Loopgerät war, kämpfte mit dem Schlagzeug um die Gunst. Das war wohl die radikalste Umsetzung der Einstellung: mit dem Minimum das Maximum herausholen. Das war dann meiner Ansicht nach tatsächlich irgendwie Postrock-Jazz – irgendwie aber auch alles andere als das. Gut so auf alle Fälle.

Weitere Konzerte von Mnevis/Marochine/Flieder: SA 18. September Rümpeltum St. Gallen, FR 24. September Hauptquartier Basel, SA 25. September Atelier Bleifrei Aarau, DO 7. Oktober Stanzerei Baden.