Von vorne und von hinten

Luzerner Theater, Donnerstag, 13. Dezember 2012; Kurz vor Weihnachten präsentiert das Theater an der Reuss mit der Komödie «Der nackte Wahnsinn» einen heiteren Premierenabend. Obwohl – oder gerade weil – sich auf der Bühne menschliche Katastrophen im Kleinstformat abspielen, lacht das Publikum herzhaft.

Das Theaterstück, das 1982 die Erstaufführung feierte und von Michael Frayn geschrieben wurde, ist eine Farce mit und über das Theater. Beim Luzerner Theater wird diese Komödie mit einem Schuss zu viel Slapstick und Soap-Elementen inszeniert. Die letzten zwei Teile arten gar in eine veritable Materialschlacht aus. Das alles ist selbstredend bereits in der Vorlage angelegt. Und an diese hält sich Andreas Herrmann (Inszenierung) eisern: Änderungen, Kürzungen, Zuspitzungen muss man mit der Lupe suchen. Dies zu kritisieren wäre falsch! «Der nackte Wahnsinn» ist ein autoreferentielles Feuerwerk – da etwas zu ändern, hiesse ein neues Stück schreiben. Frayns Anliegen ist es, zu zeigen, wie sich einzelne Probleme zur Katastrophe kumulieren. Die enge Verwobenheit zwischen Bühne und real life fordert den Schauspielern höchste Konzentration und Präzision ab: Das Timing muss auch im vermeintlichen Chaos passen. Deshalb ist man fast gewillt zu sagen, dass (wieder einmal) das Ensemble die Kohlen aus dem Feuer holt, wenn es mit einer insgesamt sehr überzeugenden Darbietung aufwartet. Zuvorderst Wiebke Kayser als «Belinda Kayser» (im Original eigentlich Belinda Blair), die eben noch als gestrenge Elisabeth in «Maria Stuart» überzeugte, stellt nun in der aktuellen Rolle ihre Wandelbarkeit unter Beweis. Im zweiten Teil wird die Drehbühne gekehrt: Das Publikum sieht derweil die Hinteransicht – somit das Geschehen hinter «der Bühne». Bezeichnenderweise bewegt sich das Stück – im Original mit dem Namen «Noises off» – in diesem Teil auf seichtem Klamauk und Slapstick-Niveau; mit fortschreitender Zeit wirkt dies bemühend. Zum Glück folgt im dritten Teil die radikale Demontage: In den besten Momenten scheint einem da Dürrenmatt zuzuzwinkern – der Grossmeister der Tragikomödie schrieb treffend: «Wir können das Tragische aus der Komödie heraus erzielen (...).» So ist denn das Stück nicht nur eine Farce über eine Farce, «Metatheater», darüberhinaus führt es uns auch den Menschen vor. Wer die bevorstehenden Festtage in Abgeschiedenheit zubringen will, dem sei der Kinofilm «Noises off» (1992) von Peter Bogdanovich empfohlen. Wer unter Leute möchte, soll sich von einem Glühwein erheitert im Luzerner Theater amüsieren.

Luzerner Theater: «Der nackte Wahnsinn», bis 3. März 2013.