... und Marius spielt super Gitarre

«Ich war da. Es war ganz t-o-o-ll. Ich habe mitgesummet und am Ende bin ich sogar eingeschlafen.» Andrea, 6 Jahre. Von Andrea Portmann

Ich habe nicht selber der Geschichte von Marius dem Verschreckensjäger im Dachstock des Stanser Chäslagers gelauscht. Meine sechsjährigen Kinderaugen waren da.

Da waren ganz viele Kinder am Nachmittag des Heiligabend. Ich habe mein Kisschen mit den roten Tupfen mitgenommen, weil auf der Homepage vom Chäslager stand «Bitte bringt eure Lieblingsdecke oder Kissen mit, wir machens uns gemütlich» (surfen Kinder mit 6 Jahren eigentlich aktiv im Internet?). Mit unseren Handschuhen, Mützen und Schals stiegen wir die Treppen hinauf in einen Dachstock, wo ganz so ein komisches Licht war, so rot und grün. Und von den Decken sind Christbäume heruntergehangen. Im Fall echte.

Da hat es eine Bühne gehabt mit einem Holztisch und einer alten Lampe darauf mit so Bömmbeli am Schirm, halt so eine wie auch Grosi hat. Neben der Lampe sass ein Reh. Sonst hat es noch zwei Stühle da, eine Gitarre und noch so eine komische Gitarre, ein bisschen kleiner mit einem runden Dings dran.

Ich bin mit ganz vielen Kindern auf dem Boden gesessen. Das Mädchen neben mir hat einen Eisbär gehabt. Wenn ich das gewüsst hätte, hätte ich meinen Knorrli mitgenommen. Dann wurde es ganz schwarz. Ein Mann ist auf die Bühne gekommen mit roten Kniesocken und Wanderschuhen. Er sieht aus wie ein Jäger. Das ist er auch. Er ist der Marius, der Verschreckensjäger. Marius hat noch fünf weitere Verschreckensjägerfreunde, das ist seine Jagdkapelle. Sie dönd eben nicht Hase, Eichhörnli und so richtig jage, sondern eifach verschrecken. UAAAHHH.

So sieht es aus, wenn der Marius und seine Jägerfreunde Tiere verschrecken tünd:

 

(Illustration: Lika Nüssli aus dem Kinderbilderbuch *Es Schlaflied für de Igel*)

Die händ übrigens auch eine Homepage mit lustigen Bildern. Marius ist heute ganz alleine gekommen, seine Freunde haben noch viel zu tun, weil Weihnachten ist, der *Tombär* ist krank, der *Bärechrüseler* muss noch Geschenke kaufen und warum *Supertreffer*, *Ratz Fatz* und *Peter mit dem Wolf* nicht da sind, weiss ich jetzt auch nicht mehr. Aber Marius ist ja da. Hinter ihm ist ein grosses Bild von einem Igel. Das ist de «chlini Igel», wo auch in dem Kinderbuch *Es Schläflied för de Igel* ist.

Marius verzellt uns die Geschichte vom kleinen Igel, der sich so auf seinen Winterschlaf freut und darum ganz vergisst, einzuschlafen. Die Mammaigel hat sechs Brüste, weil sie auch mehr Jungen hat, sagt Marius. Die Mamma schnarcht CHCHCHCHCH, ein kleinerer Igel SCHSCHSCH. Wir summen mit Marius das Lied von der Igelfamilie und Marius schläft selber fast ein. Er hat uns gefragt, ob wir singen können. Natürlich kann ich singen! Ganz laut habe ich das nach vorne geschrien. Der Bueb neben mir hat «Nein» gerufen. Wir haben alle zusammen gesummt. Das hat richtig unheimlich getönt, und Marius spielt super Gitarre.

Also der kleine Igel mit den Latzhosen kann nicht einschlafen, er nimmt ein kleines Eichenblättli, weil es ja kalt ist draussen und sucht im ganzen Wald nach Tieren, die ihm ein Einschlaflied vorsingen. Marius hat einen Laptop und kann das grosse Bild hinten an der Wand verändern. Jetzt ist der Igel nämlich bei einem «Worm». Marius sagt «Worm». Ich sage «Wurm». Der Wurm ist ein Plöffsack und meint, er kann alles. Der Wurm singt dem Igel ein Lied vor – also eigentlich singt Marius das Lied – und das tönt ganz schrecklich. Kein Wunder ist der Igel nicht eingeschlafen, dafür das Wurm, weil es sein Lied so unglaublich toll findet. Plötzlich fängt neben mir ein Meidli an zu brüele. Es hat Angst. Ich weiss nicht warum, weil ich finde es lustig. Der Papi des Meidlis nimmt es mit nach draussen. Marius sagt, hoffentlich brüele das Meidli nicht wegen ihm und sagt dem Meidli noch, es müsse keine Angst haben, es bekäme ganz viele Weihnachtsgeschenke. Der Bueb neben mir bohrt in der Nase. Der Igel kann immer noch nicht schlafen.

Dann kommt er zu den Spechten. Das Bild hinter Marius wechselt, da ist ein Baum und viele farbige Spechten darauf mit Instrumenten. Marius macht so lustige Geräusche mit seinem Mund – es tönt ein bisschen wie ein Frosch, ist aber ein Specht. Wir machen ihn nach. Ich mache TOKTOK. Das Lied von den Spechten ist schön. Marius spielt es auf seiner lustigen Gitarre. Die Melodie gefällt mir. Dem einen kleinsten Specht wird es schlecht, weil er so hoch auf dem Ast ist und den Kopf immer so hin zu zurück bewegt, er muss erbrechen. Marius hat gesagt, dass es auch sonst Specht-Menschen gibt, die bestimmte Musik hören und dann den Kopf hin und her bewegen. Aha (das macht mein Bruder immer).

Der kleine Igel ist immer noch nicht eingeschlafen und kommt als nächstes zum Saichörnli. Das Saichhörnli lisbelt, also Marius lisbelt, es sagt «Ich mache ebe immer Saich». Das Saichhörnli ruft alle Tiere, Waldmenschen und Pflanzen aus dem Wald heran. Marius fragt uns, ob wir wissen, wie Bäume schnarchen. Ein Mädchen macht PIPIP. So blöd. Bäume schnarchen doch nicht. Aber Marius macht es vor, er kann mit seiner Stimme so ganz laut atmen und dass tönt dann wirklich, wie wenn ich amigs im Wald spazieren gehe und den Bäumen zuhöre. Jetzt sind alle Waldtiere und Bewohner gekommen und singen ein Lied. Marius singt «s grossi Waldschlaflied» mega schön. Der kleine Igel ist plötzlich wieder in seinem Igelfamiliennest und schläft. War das alles nur ein Traum? Marius summ...

Andrea schnarcht.

www.marius-jagdkapelle.ch

www.chaeslager.ch