There Are Worse Bands – Ein Erfahrungsbericht

Luzern - 12.03.-26.03.2016 Die dritte Ausgabe des There-Are-Worse-Bands-Festivals steht an und Kulturteil.ch ist mit von der Partie. So viele Konzerte wie menschlich möglich werden besucht, angesehen und kritisch beäugt.

Finale!

Treibhaus – 26.03.2016: Nach zwei Wochen There Are Worse Bands Festival gabs im Treibhaus noch den krönenden Abschluss. Vier Bands, eine Riesenmenge Leute und ein Kulturteiler versuchten sich daran, dem Festival den Abschied zu bereiten, den es verdiente. Laut Medienmitteilung besuchten über 1500 Leute die verschiedenen Konzerten des Festivals. Gefühlt wurde diese Zahl im Treibhaus noch verdoppelt. Chrandesyx und Maple Tree Circus waren dafür zuständig, den Folk-Rock zu vertreten. Dies auch ausgezeichnet. Die erstgenannte, belgische Band freute sich ungemein, überhaupt mal in der Schweiz spielen zu dürfen (und das gleich drei Mal). Trotz einiger kleiner Missgeschicke (Pleck verloren, Stimmgerät-Probleme) überzeugten sie trotzdem mit rockiger, akustischer Musik und einem A-capella-Shanty, welches mehrfach gewünscht wurde. Maple Tree Circus, die auch schon das zweite Mal an diesem Festival die Bühne stürmen durften, überzeugten ebenfalls. Wahrscheinleich ein Alptraum für jeden Mischer, aber mit Gitarren, Bass, Geige, Mandoline, Schlagzeug, Kontrabass, Keyboard und Mundharmonika lieferten die Multi-Instrumentalisten eine mächtige Show ab. Der Abend wirkte bis zu diesem Zeitpunkt ein wenig wie die Reise des Bob Dylan: vom Folk zur E-Gitarre und wieder zurück zum Folk. Den Stoner-Rock-Part übernahmen Maze und Who’s Elektra. Maze mit Glauco Galtaldo, der auch zweimal solo am Festival spielen durfte, rockten brutal ab. Claude hatte echt nicht übertrieben, was die Gitarren Skills und auch die Haarpracht von Glauco angingen. Fast schon penetrant schwang er diese herum und spielte sich die Finger wund. Nebst dem war auch der Bassist ein verdammtes Tier. Als Bassist kann ich da nur meinen Kopf in Schande hängen lassen im Vergleich zu den Läufen, die er da abgeliefert hatte. Alles wurde einwandfrei untermalt von Schlagzeugklängen, die auch noch später nachhallten. Who’s Elektra, die ich das letzte Mal an ihrer Plattentaufe rezensiert habe, waren nicht wiederzuerkennen. Eine Stoner-Rock-Show, die sich sehen lassen konnte. Nur schon der Jam am Anfang versprach vieles. Das wurde auch gehalten. Es war durchgehend psychedelisch, rockig und sphärisch, cool. Auch wenn ich mir das Spektakel nicht ganz bis zum Schluss ansehen konnte (der Nachtstern wäre mir fast vor der Nase weggefahren), war ich schon völlig überzeugt. Es bleibt mir nur noch wie folgt zu sagen: Danke vielmals Lumberjack für ein fantastisches Festival vom Anfang bis zum Schluss. Zwei Wochen wunderbare Musik und eine einmalige Stimmung. Bis zum nächsten Mal. Und ein spezielles Dankeschön an Co-Autor und Bier-Engel in den schwarzen Converse, Claude Bachmann.

Nochmal durfte sich Claude Bachmann schriftlich austoben während ich das auf der Bühne machen durfte. Seine Eindrücke gibt es hier unten:

Belgien. Ukulele. Latino.

Metzgerhalle, Bar Berlin – 25.03.2016: Während Marc hoffentlich irgendwo mit Pete Doherty das letzte Bier schlürft, geht meine Entdeckungsreise am There Are Worse Band Festival weiter. Ja, auch als Veranstalter kennt man nicht jede einzelne Band. Der Abend beginnt früh: Um 20.00 Uhr spielen Chrandesyx aus Belgien eine Akustik-Session in der Metzgerhalle. Was für eine lustige Truppe, mit einem aberwitzigen Fahrer (Freunde, kann der Gas geben). Absolut sympathische Jungs, welche grossen Spass am Musizieren haben. Genau diese Begeisterung und Freude überträgt sich auf das Publikum. Die schwungvolle Rock-Folk-Punk-Musik lädt zum Mitwippen und Biertrinken ein. Während dem Umbau für Tres Roots mache ich einen Sprung in die Bar Berlin, wo gerade Glauco Cataldo solo spielt. Gitarre spielen kann er. Und wie. Seine Stimme ist sehr speziell, aber sehr speziell gut. Seine Haarpracht: eine Wucht. Des Öftern schimmern in seinen Liedern Einflüsse aus seinen Afrika-Reisen (Inhalt und Sprache) durch, was ich persönlich sehr sympathisch finde. Leider geht Cataldo im Lärm der Gespräche (ein wenig) unter, was schade war, denn er hätte definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. Diese hatte dafür im Anschluss Müllmaa. Der für mich bis jetzt unbekannte Liedermacher aus Nidwalden wusste mit seiner Ukulele, einem selbstgebasteltem Drum und Mundart-Texten das Publikum mitzureissen und zu überzeugen. Und irgendwie auch mich. Kein Wunder, wann singt schon jemand aus voller Kehle über «diejenigen, die geschieden sind und diejenigen, die es noch gerne sein möchten». Herrlich. Seine Texte sind ehrlich. Direkt. Komisch. Kritisch. Ein Liedermacher, den man sich unbedingt merken sollte. Nach den ersten vier oder fünf Liedern verliess ich die Bar Berlin wieder Richtung Metzgerhalle: Latino-Musik mit Tres Roots – Ay Caramba! Und schon beim Passieren der Bruch Brothers Bar in der Nähe war klar, dass in der Metzgerhalle eine grosse Latino-Party im Gange sein muss. Bestätigung beim Betreten. Die Jungs auf der Bühne heizten mächtig ein, das Publikum bewegte sich mehr oder weniger gekonnt zu den Latino-Rhythmen. Die Musiker haben die Musik und den Rhythmus wahrlich im Blut. Es war eine Freude, ihnen und der tanzenden Zuhörerschaft zuzuschauen. Und so verwandelte sich für einen Abend ein Treffpunkt für Hipster in eine grosse Latino-Sause. Und als ich mich selber dabei erwischte, mich zur Musik zu bewegen (jede und jeder Kenner und Kennerin hätte mich easy ausgelacht), wusste ich, dass ein Ziel des TAWB erreicht wurde: Menschen aus unterschiedlichen Milieus zusammenbringen. Vielen Dank Tres Roots. Hasta la vista! Und bis heute Abend im Treibhaus zum grossen Abschlussabend!

Jazz und Reggae mit Seesicht

LUZ – 24.03.2016: Traditionen müssen erhalten bleiben. Schliesslich stirbt und aufersteht Jesus an Ostern auch jedes Jahr. So darf es in der Berichterstattung auf kulturteil.ch über das There Are Worse Band Festival keine Lücken geben. Darum heute an der Tastatur: Claude. Marc versucht gerade, in Zürich Pete Doherty abzuschleppen. Recht hat er. Es gibt Locations, die sind seit der ersten Ausgabe vom TAWB dabei. So auch das LUZ. Während letztes Jahr Country angesagt war, standen heute Abend Jazz und Reggae auf dem Programm. Steve! und Irie Noise. Das schöne am TAWB ist ja, dass man/frau in diesem Rahmen neue Musik entdecken kann. Fazit: Luzern kann nicht nur Hip-Hop und Rock, sondern auch Jazz und Reggae. Und wie. Und das schöne am LUZ ist, dass es ein hervorragendes Ambiente bietet. Dieses trug vor allem Steve! herrlich durch das ganze Konzert. Die sanften Klänge der Musikstücke – Vocals gab es keine – paarten sich mit der Atmosphäre im ganzen LUZ und machten die BesucherInnen zu aktiven Zuhörenden. Schön, dass so eine Musikgruppe Gehör fand und nicht im Lärm von Gesprächen unterging. Das ist eben auch das There Are Worse Band Festival. Auch wenn der Musikgeschmack nicht jedermanns Sache ist, die instrumentale Leistung war beeindruckend. Die Stücke hatten auch ohne Vocals eine Dramatik, eine Geschichte wurde nur mit Tönen erzählt. Die Instrumente waren perfekt aufeinander abgestimmt. Jedes Instrument resp. jeder  Interpret erhielt innerhalb des Konzertes seinen eigenen persönlichen Raum. Man musste kein Prophet sein, um zu erahnen, dass es sich auf der Bühne um studierte Musiker handelte. Der Besuch hat sich absolut gelohnt. Auf Steve! folgten Irie Noise um den Luzerner Simon Lötscher. Für mich war es das erste Mal, dass ich einer Reggae-Band zusah und zuhörte. Und zumindest ein Klischee dieses Musikstils wurde ziemlich schnell erfüllt: Mit den ersten Klängen verbreitete sich sofort gute Laune. Yeah man! Geil! Aber verdammt nochmal, wo wart ihr bitte vor drei Jahren, als ich zum 60. Geburtstag meines Vaters auf eine einwöchige Spiesser-Karibik-Kreuzfahrt musste und mich jeden Abend mit Sieben-Dollar-Long Island Ice Teas die Birne zuknallen musste??!! Habe glaub’s heute noch einen Kater von dieser verdammten Woche. Egal, nicht euer Fehler. Back to Topic: Irie Noise passten perfekt in diesen TAWB-Abend im LUZ und verwandelte ihn mit den Rhythmen und der dazu absolut passenden Stimme von Simon fast ein wenig in einen Sandstrand. Man spürte die Sandkörner förmlich zwischen den Zehen. Dazu trug sicherlich auch die tolle Tonqualität bei. Beide Bands wurden mit professionellem Equipment abgemischt und Irie Noise haben sogar Live-Aufnahmen gemacht. Ich bin gespannt. So geht ein – zumindest musikalisch – etwas anderer TAWB-Abend zu Ende. Absolut toll, haben auch solche Bands die Möglichkeit, bei solch einem «alternativen» Festival aufzutreten.

Min Songwriter Nummer 1

Schüür – 23.03.2016: Das There-Are-Worse-Bands-Festival geht langsam in die letzten Runden und ich bin immer noch live mit dabei. Dieses Mal mit Hendricks The Hatmaker und Tobi Gmür in der Schüür-Bar. Hendricks the Hatmaker habe ich ja schon am Anfang mal rezensiert (was den Hutmachern auch ganz gut gefallen hat). So wirklich viel mehr gibt’s auch nicht zu sagen dazu. Nach wie vor machen sie ausgezeichnete Musik mit Frank-Turner-Einflüssen, die sich einfach nicht verneinen lassen. Ich gebe es zu, ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob sie den «Die Toten Hosen»-Teil das letzte Mal auch schon gebracht haben, aber in ein Hosen-untypisches Lied «Hier Kommt Alex» einzubauen war schon recht cool. Tobi Gmür (ich schreib das jetzt mal so, als würde die Band so heissen und nicht nur er) waren definitiv einer meiner Höhepunkte des ganzen Festivals. Luzerner Musik-Royalty gab sich die Ehre. Es war von twangig bis poppig alles vertreten. Wie von anderen Leuten richtig bemerkt, könnten sie sich ohne Probleme in die Gilde von Züri West und Patent Ochsner einreihen. Normalerweise kann ich mit Songs, die auf Schweizerdeutsch gesungen werden, nicht wirklich viel anfangen. Aber bei Tobi Gmür ist das völlig anders. Es klang trotz Dialekt völlig international. Sie gaben dem Schüür-Publikum auch einige Appetithäppchen vom neuen Album, das bald mal erscheinen wird. Und als Abschied das «Brown Eyed Girl»-Cover auf Schweizerdeutsch, das mit Sicherheit auch ein Hit geworden wäre, wenn sie die Ersten gewesen wären, die das Lied geschrieben hätten. Ich muss euch leider wieder für zwei Tage verlassen (Wenn jemand eine Rezension vom Libertines-Konzert möchte, kann man sich gerne bei mir melden). Pünktlich zum Abschluss am Samstag bin ich aber wieder einsatzbereit. Wenn Claude sein Versprechen hält, könnt ihr trotzdem von den Konzerten vom Donnerstag und Freitag lesen (er hat sich als Gastautor angeboten; mal schauen ob das funktioniert). See ya.

where the tired roses grow

Bourbaki – 22.03.2016: Einer normalen Anstellung nachzugehen und gleichzeitig jeden Abend musikalische Kritik von sich zu geben, fordern spätestens jetzt ihren Tribut.

Nichtsdestotrotz folgen hier die Observationen, die ich beim 11. Konzert des There Are Worse Bands Festival gemacht habe. Das zweite Mal im Bourbaki an diesem Festival und bühnentechnisch hat das Festival eindeutig etwas dazu gelernt. Die Musiker richteten sich diesmal gegen das sitzende Publikum und mussten es nicht dazu auffordern, sich nach vorne zu begeben. Obwohl es bei Miss Goldie und Jasmin Larue sowieso keine Aufforderung gebraucht hätte, denn es gab wesentlich mehr «Steh»-Publikum als beim letzen Mal. Die Idee, die Sets aufzuteilen, war sehr erfrischend. Beim ersten Wechsel ging der Plan auch wirklich auf. Miss Goldies Auftritt, die unter anderem auch ihre älteren Herz-Schmerz-Songs vortrug, konnte durch die Unterstützung von Jasmin Larue und Band ein bisschen aufgelockert werden. Nach der Pause spielte Jasmin dann allerdings ohne Band, was dazu führte, dass die beiden sich sehr ähnlich anhörten. Ich weiss, ich hab mich bereits das letzte Mal im Bourbaki beschwert, dass die Bands zu verschieden waren, aber dieses Mal waren sie sich fast zu ähnlich. Man kann es mir aber auch wirklich nie recht machen. Ich wage zu behaupten, dass die langen Nächte vom Festival ihre Spuren bei mir hinterlassen haben und ich deshalb ein bisschen in die Trägheit gerissen wurde. Auch die lauten Gespräche der Konzertbesucher könnten ihren Einfluss darauf gehabt haben oder dass man die beiden Musikerinnen, sobald sie sassen, nicht mehr recht sehen konnte. Der Funke sprang irgendwie einfach nicht über. Ich mochte Miss Goldie besser mit Band und bei Jasmin Larue bin ich auf die Plattentaufe im Parterre gespannt, bei der noch mehr Instrumente vorhanden sein werden. Alles in Allem verliefen sich die beiden unglücklicherweise in Hintergrundmusik. Was den Zweien wirklich unrecht tat, da die musikalischen Leistungen beider Musikerinnen tadellos waren. Beim nächsten Festival sollte man vielleicht mal statt einer Kollekte eine Sprechgebühr einführen, bei der man für jedes Wort einen Fünfer bezahlen muss.

Von Schülerbands und Studentenbands

I’m back, Baby!

Gewerbehalle - 21.03.2016: Überhaupt nicht ausgeruht vom Wochenende startete ich gestern hochmotiviert in die zweite Woche des There-Are-Worse-Bands-Festivals. Diese begann mit Caprice und Aurum. Die Erstgenannten stellten sich auch zuerst auf die Gewerbehalle Bühne. Fünf Frauen und ein manly-man. Letzterer konnte den Verstärker wahrscheinlich nicht so ganz aufdrehen, wie er es normalerweise gerne getan hätte. Mit abgespeckten Gitarrenklängen sangen denn die zwei Sängerinnen, die sich wie die Nachkommen von Agnetha und Anni-Frid anhörten, zu ein klein wenig übertönenden Schlagzeug- und Klaviersounds. Alle sechs sahen entzückend aus, waren alle entweder in schwarz oder weiss gekleidet, hinterliessen aber den fahlen Nachgeschmack einer Schülerband. Musikalisch ein wenig lasch, wäre ein bisschen Seele, Gefühl und Energie dringend von Nöten, damit das Publikum nicht mehr nur aus Verwandten, Bekannten und einem Kulturteiler besteht. Persönlicher wurde es bei Aurum. Gefühlstechnisch könnte da zwar auch noch einiges gehen, aber spielerisch war das Ganze auf hohem Niveau (vor allem für den erst zweiten Auftritt in dieser Konstellation). Eine zarte Stimme, die begleitet wurde von einer angenehm gezupften Gitarre, minimal gehaltenen Keyboardklängen und rhythmisch akkuraten Schlagzeugschlägen. Die ab und zu Boy-esk klingenden Songs waren wunderbar arrangiert, mit Spannungsbögen und Variationen aller Art. Trotz alledem wurde es nach ein paar Liedern ein klein wenig fad, denn die Songs, so ausgefeilt wie sie auch waren, klangen alle recht ähnlich. Heute kann ich mir dann die Sängerin von Aurum, Miss Goldie nochmal anhören. Mal sehen, wie ihr Solo-Projekt klingt. Man darf gespannt sein. Alle drei zusammen Neubad/ Gewerbehalle - 18.03.2016: Falls es wirklich aufmerksame Leser dieses Erlebnisberichtes gibt, wird man vielleicht gemerkt haben, dass ich normalerweise an einem Ort bleibe und über die Konzerte berichte. Diesmal hab ich versucht, die Location zu wechseln. So konnte ich diesmal über insgesamt drei Konzerte berichten. Wenn ich ehrlich bin, waren es wohl eher zwei-einhalb (der SBB-Fahrplan ist gnadenlos). Angefangen hatte alles im Neubad. Coco Galaxy, die ihren Musikstil als Electro-Pop bezeichnen, durften als Erstes die Bistro-Bühne besteigen. Musikalisch erinnerte das ganze sehr an Eurodance aus den 90ern. Stimmlich hervorragend, hörte sie sich ein bisschen wie die Sängerin von Snap an. Die sich gegenübergestellten Musiker mit einer Sängerin in der Mitte konnten leider nicht wirklich Spannung aufbauen, dafür kam aus den Boxen viel zu wenig Druck. Nächster Halt Gewerbehalle: Max Bailey hatte sich zwar ein bisschen Zeit gelassen mit dem Konzert-Start aber das Warten war es wert. Mainstream Rock, wie er mainstreamiger nicht hätte sein können. Die hätten locker die Kinder von Lovebugs sein können. So wirklich viel mehr dazu gibt’s leider auch nicht zu sagen. Es war eine solide Leistung, ein bisschen mehr Dreck (um mal Chris von Rohr zu zitieren) hätte aber eindeutig nicht geschadet. Danach konnte ich mir noch Pflegeleicht anhören. Als Hip-Hop n’ Roll angepriesen standen sie da, rappten einem das Blaue vom Himmel und schlugen in die Pauken und Gitarren. Den Rock n’ Roll hörte man da zwar nicht wirklich raus aber für das abendliche Ausgeh-Publikum war es wunderbar. Tanzbar war es auf jeden Fall. Ich musste mich aber leider schon frühzeitig von den Musikern verabschieden, damit es noch auf den letzten Zug reichte. So leid es mir tut, aber es gibt jetzt eine zwei-tägigie Pause meiner Berichterstattung. Ich will natürlich niemanden vom Festival abziehen aber wer Bock auf Blues-Rock hat und sich nicht zu schade ist nach Bern zu reisen, ist herzlich eingeladen, sich The Konincks im Dachstock anzuhören. Vielleicht kann ich auch ein paar Gästelistenplätze organisieren. Bis Bald xxx

Fucking Godzillaaaaaaa

Treibhaus - 17.03.2016: Müde und frierend stapfte ich heute ins Meyer und stapfte nach einem Bier genervt wieder hinaus. Es war offensichtlich, dass die Mehrheit der Leute in der Bar nicht hier war, um Musik zu hören und ich hatte langsam mal eine Pause von überfüllten Bars nötig. Das ist das Wunderbare an diesem ganzen Festival. Man läuft in einer gewissen Stimmung irgendwo rein, entscheidet sich anders, kann fünf Minuten laufen und eine völlig andere Musikrichtung geniessen. Immer noch frierend aber mit der Hoffnung auf Besserung wurde der Fussweg zum Treibhaus eingeschlagen. Beim Eintreffen stellte sich das als richtige Entscheidung heraus. Draussen wurde schon enthusiastisch über Bands diskutiert. Man hörte sogar jemanden «Yummy, Yummy, Yummy I’ve got love in my tummy» singen. Nachträglich hatte das natürlich nichts mit der gespielten Musik zu tun, es war aber trotzdem schön. Guns Lovestories mussten gesundheitsbedingt absagen und nachdem etwa zum fünften mal «Someday» von den Strokes in der Bar lief, durfte sich

Keep Talking im Treibhaus als Ersatz beweisen und, Mann, ging da was ab bei denen. Was auch immer in diesen Büchsen war, die sie auf der Bühne getrunken haben, ich brauch unbedingt auch was für den nächsten Gig. Rumgehüpfe der Extraklasse. Wahrscheinlich wird das nicht so gerne gelesen aber die gesungenen Melodien erinnerten hin und wieder an James Hetfield (liegt wahrscheinlich einfach daran, dass ich metaltechnisch nicht wirklich auf dem neusten Stand bin).

Kill the Unicorn legten noch eine Schippe drauf. Mit zwei siebensaitigen Gitarren und einem fünfsaitigen Bass wurde das Tor zur Hölle aufgerissen. Wie bereits erwähnt ist mein Metal-Fachwissen äusserst begrenzt und ich wurde dann auch entsprechend aufgeklärt, dass es nicht nur growlen war, das dieser Dirigent des Untergangs von sich gegeben hatte, sondern auch shouten und screamen. Der Sänger sah unvergleichlich evil aus, wie Damien aus «Das Omen», der erwachsen geworden ist und sich für eine Karriere als Metal-Sänger entschieden hat. Textlich konnte man nicht wirklich was raushören, ausser einmal «Fucking Godzilla», aber ohne irgendwelchen Kontext hätte damit alles mögliche gemeint gewesen sein können. Das Einhorn war am Schluss definitiv tot und wurde noch ein paar Mal getreten, als es schon am Boden lag.

Endlich mal wieder eine richtige Bühne und keine vollgestopfte Bar. Es lebe das Leben.

Tocotronic-Abend

Madeleine – 16.03.2016: Ok, dieser Übertitel ist ganz schön weit her geholt, aber wenn Nick Furrer aka Haubi Songs singt «Aber do läbe, nei danke» und der Sänger von Center Orion Dirk von Lotzlow wie aus dem Gesicht geschnitten ist (aus bestimmten Winkeln), konnte ich einfach nicht anders, als diese Verbindung zu ziehen. An diesem Tag hatte ich Verstärkung im Schlepptau. In der Hoffnung auf ein wenig kreative Unterstützung, war ich frohen Mutes, mal nicht alleine an ein Konzert gehen zu müssen. Bis dann das hier passierte:

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Es war als Zeitvertreib gedacht, bis das Konzert anfangen würde, aber es endete in systematischer Zerstörung meines Selbstwertgefühles. Natürlich gab es auch diesesmal wieder Musik: Synthie-Poet Haubi Songs schaffte etwas, dass ich an Konzerten dieser Art noch nie erlebt hatte. Der ganze Raum war mucksmäuschenstill. Es wurde sogar im Flüsterton Bier bestellt und auch der Barmann wollte so wenig Lärm wie möglich machen, um nicht die Stimmung zu zerstören. Es wurde durch lyrische Erzählungen, Bilder von bekannten Luzerner Orten und alltäglichen Beobachtungen auf eine Leinwand aus Menschen gemalt. Leider hielt diese Atmosphäre nicht bis ganz am Schluss an. Gegen Ende traute sich das Publikum dann wieder miteinander zu sprechen und aus dem Flüsterton wurde normales Gerede. Passend zu diesem Wandel übernahmen kurze Zeit später Center Orion das Zepter im Madeleine. Hier könnte man nochmals einen scheuen Vergleich mit Tocotronic ziehen, aber das wäre einfach nur erzwungen. Center Orion waren, wie auch ihre Facebookseite verlauten lässt, eine Rockband aus Luzern. Und Rock lieferten sie auch ab. Verzerrte Gitarren, die gängige Rock-Riffs verlauten liessen und Bass und Schlagzeug, die im rhythmischen Einklang miteinander einen rockigen Klangteppich zauberten. Einzig die Stimme des Dirk-von-Lotzlow-Zwillings war viel zu leise abgemischt. Ob das nun gewollt war, oder beim Soundcheck die fehlende Horde von Leuten den Sound noch nicht geschluckt hatten, ist schwer zu sagen. Morgen gibts dann wieder Neues zum Lesen über das There-Are-Worse-Bands-Festival 2016, bis dahin: [youtube]https://www.youtube.com/watch?v=VpvVFfwf02Y[/youtube]

Indie meets Folk Bourbaki - 15.03.2016: Kennt ihr den Spruch: Es gibt kein schlechtes Wetter – nur falsche Kleidung?

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Jep, man sollte eindeutig vorher die Wettervorhersage checken, bevor man seine löchrigsten und kaputtesten Chucks anzieht. Aber dies nur so am Rande, geht ja hier schliesslich um Musik. Das There-Are-Worse-Bands-Festival ist immer noch in vollem Gange und ich bin mittendrin. Heute gab’s einen organisierten Kulturschock. Ich will hier ja niemandem zu nahe treten, aber das hätte man sicher auch besser planen können. Es traten an: Mala & Fyrmoon, die Folk bis Country mit irischen Einflüssen zum Besten gaben, gegen East Sister, die sich in den Indie-Pop-Gefilden ihr Nest gebaut haben. Man brauchte nicht unbedingt zu wissen, dass Mala & Fryrmoon ein Lied in ihrem Repertoire haben, das von den schneebedeckten Gipfeln des Pilatus inspiriert wurde, um zu merken, welches ihre «Homebase» ist. Mamis und Papis machten es sich an den vordersten Tischen bequem. Mit Reels und Jigs spielten sie sich auch erfolgreich in die Herzen der Familienmitgliedern und Bekannten. Trotz frenetischem Fussgewippe konnte aber niemand dazu gebracht werden, sich den Musikern zu nähern. East Sister hatte diesen Heimvorteil definitiv nicht. Wenn man sich die Kunst der offenen Ohren antrainiert hat (man nennt es gemeinhin auch «belauschen»), dann erfuhr man zwar, dass ein paar von ihren Leuten die Reise ins Bourbaki nicht gescheut hatten, aber in der ersten Reihe blieb dann doch nur ich übrig. Was schade war, denn es klang wirklich nach international konkurrenzfähigem Indie-Pop. Zarte Stimmen, sphärische Synthie-Klänge und ein überaus beschäftigter Schlagzeuger. Tücher flogen umher und es wurde hochkonzentriert mit Perkussionsinstrumenten hantiert. Auch wenn die zwei Musikstile sich ein bisschen gebissen hatten, waren es dennoch zwei gute Vortragungen, die ich verpasst hätte, wenn ich meinen eigentlichen Plan – Wäsche waschen und Fernsehglotzen – in die Tat umgesetzt hätte. Danke, There-Are-Worse-Bands-Festival, dass dank dir zwar mein Wäschestapel unvertretbare Ausmasse annimmt und der Fernseher Staub ansetzt, ich aber wunderbare neue Musik hören darf.

Let’s Dance and Celebrate the Misfortunes of the People we Hate.

Gewerbehalle - 14.03.16: Liebes Tagebuch, nachdem ich gestern gezwungenermassen ein Konzert aussetzen musste, war ich heute mehr als bereit, mir wieder Live-Musik reinzuziehen. Nach Jo Elle im Crazy Cupcake, die leider mit meiner Bandprobe im Termin-Clinch lag, durfte ich mir heute in der Gewerbehalle Brewed Goblins und Geoff Berner auf die Ohren klatschen lassen. Erstere hatten sich nach 5 Jahren musikalischem Schönheitsschlaf das erste Mal wieder auf die Bühne gewagt. Nach laut eigener Aussage vier Proben liess sich das Ganze auch echt gut anhören. Unter anderem mit Songs, die Tenacious D ohne weiteres in ihr Repertoire aufnehmen könnten (wer könnte sich nicht Jack Black vorstellen, wie er ein Lied über Steaks singt), legten die zwei Musizierenden ein starkes Set hin. Mit Bier und Whiskey bewaffnet stapften Geoff Berner und sein Akkordeon auf die Bühne. Ich glaube, ich habe noch nie jemanden, der sich so betrunken anhört, so eloquent reden hören. Wenn Tom Waits und Adam Green ein Kind hätten, würde Geoff Berner dabei rausgekommen. Es sind tiefschwarze, zynische Songs, vorgetragen mit einem schelmischen Lächeln und einem Funkeln in den Augen. Man schämt sich fast ein bisschen dafür, über die schlimmen Inhalte zu lachen. Aber es wird so sympathisch über Tod und Verderben gesungen, dass man sich nicht mehr von seinen Lippen abwenden möchte. Auch die Flüchtlingsthematik wird kurz angeschnitten. Mit einem Lied auf Jiddisch, das davon handelt, dass man nicht mehr in seinen Heimatort zurückkehren kann, und das wahrscheinlich den Rest seines Lebens nicht. Nach vollendetem Konzert durfte man noch das herzerwärmendste Ereignis aller Zeiten erleben. Dieser im Herzen  knapp fünfjährige Junge stand so dort bei seinen CD’s und LP’s und verlangte dafür, ganz im Geiste des Festivals, soviel, wie man bereit war, dafür zu zahlen («I just want to get rid of them»). Bei jedem Verkauf fragte er dann noch ganz schüchtern: «would you sign my mailing list?» So zuckersüss, als würde er dich fragen, ob du in sein Freundschaftsbüechli reinschreiben würdest. *Vorsicht Insider* Falls dir dieser Beitrag nicht gefallen hat, schwing ich ein Hühnchen dreimal über meinen Kopf, dann ist alles wieder gut. *Ende Insider*

Auftakt in der Zwischenbühne

Zwischenbühne Horw - 12.03.16: Wie schon in den letzten zwei Jahren zuvor werden Luzerner Musikgrössen gebeten, ihre musikalischen Künste zum Besten zu geben. Dieses Jahr machen die Initianten des Festivals gleich selber den Auftakt. Hendricks the Hatmaker haben den irischen Vibe mit Frank Turner-Einflüssen einwandfrei im Griff und machten charmant auf ihre wemakeit-Kampagne aufmerksam, mit der sie ihr Album finanzieren möchten (hier kann man übrigens spenden: https://wemakeit.com/projects/cd-songs-for-the-confused). Danach übernahmen The Espionne die Bühne. Wünschte man sich ein bisschen Gefühle oder energetische Ausbrüche, war man fehl am Platz. Musikalisch hervorragend, einfach ohne grosse Abwechslung. Fragte man beim Publikum nach, wie es denn so war, bekam man als Antwort: «3 vo 5 gsehnd guet us, die andere 2 sind aber au herzig», also waren die wichtigsten Kriterien erfüllt. Das fehlende Gefühl konnte man sich dann bei Kapnorth abholen. Da bekam man schon ein bisschen mehr Abwechslung und sorgfältig ausgearbeitete Arrangements. Sie liessen sich auch nicht davon abhalten einen Fünfminüter zu klimpern, obwohl schon das Zeichen zum Schluss machen bereits gekommen war. Das von Sebastian Meyer treffend bezeichnete Schlusslicht machten Augustine’s Supenders, die den Flow von Kapnorth wunderbar übernehmen konnten.  Es wurde zum Abschluss dieses Abends noch einmal richtig reingehauen. Vorher musste natürlich noch ein «Brüder im Haare»-Selfie mit Augustine's Supenders-Bassist Matthias Cotting, gemacht werden. Ein Indie-Rock-Abend als Startschuss des There Are Worse Band Festivals, der eindeutig gelungen ist. Es darf sich auf die nächsten zwei Wochen gefreut werden.

 

Impessionen:

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