Schweizer Perspektiven auf die U.S.A.

Gestern eröffnete in der Luzerner Neubad-Galerie eine neue Foto-Ausstellung mit dem Titel «This is not America». Eine Gruppenausstellung von einer Fotografin und fünf Fotografen mit Fokus auf Amerika. Für die Kuratoren Cornelius Krell (*1977) und Jonas Petermann (*1994) ist es die erste eigens kuratierte Ausstellung in dieser Dimension. Ein gelungenes Debüt.

In ihrer Ansprache informierten Krell und Petermann kompetent über die Hintergründe der Ausstellung und die Begleitveranstaltungen. Die Motivation, etablierte und über die regionalen Grenzen hinaus bekannte Fotografen in die kleine Neubad-Galerie einzuladen und so ein breiteres Publikum als sonst anzusprechen, wurde treffend verknüpft mit der Wahl des ebenso breit zugänglichen und derzeit omnipräsenten Themas U.S.A. oder eben der Sichtweise der Schweizer Fotografie auf U.S.A.. Die ausstellenden Fotograf_Innen – Hans U. Alder, Ueli Alder, Lukas Hoffmann, Andri Pol, Randy Tischler und Sabine Troendle – waren zur Vernissage mehrheitlich anwesend.

Bei einem ersten Rundgang durch die Ausstellung sticht die heterogene Hängung der einzelnen Werkgruppen ins Auge, die der Ausstellung einen durchwegs erfrischenden und differenzierenden Charakter verleiht. Gewisse Momente der Räumlichkeit verbinden sich sehr gut mit der Platzierung einzelner Positionen, wie z.B. die Projektion von Sabine Troendle, die einen beim Betreten des Obergeschosses angenehm empfängt und diesen Zwischenraum gut überbrückt. Auch die Gegenüberstellung der Arbeiten von Lukas Hoffmann und Ueli Alder im Duschraum, wo sich zwei grundlegend unterschiedliche Lesarten gegenüberstehen, erfüllen den Raum mit Spannung. 

Ueli Alder – Selection from a Selfish Diary
Ueli Alder – Selection from a Selfish Diary
Lukas Hoffmann - New York Sidewalks
Lukas Hoffmann - New York Sidewalks

Die Arbeit von Lukas Hoffmann «New York Sidewalks» fasziniert in dieser Ausstellung besonders. Der Künstler vermag ohne jegliche Andeutung von Kritik einen Blick auf das Land zu gewähren, der den Betrachter zum Spiel mit der eigenen Rezeption der Foto-Sequenzen anregt. Seine Fotografien sind sequenziell lesbar und zeigen amerikanische Trottoirs, Hinterhöfe und Strassenkreuzungen mit Menschen im Vorbeigehen. Es ist Street Photography, eingebunden in ein strenges inhaltliches und formales Konzept, wodurch die einzelnen Aufnahmen in den Kontext ihrer Sequenz, und die Sequenzen in den umfassenden Kontext der gesamten Arbeit gestellt werden.

Detail aus Lukas Hoffmanns New York Sidewalks
Detail aus Lukas Hoffmanns New York Sidewalks

Verglichen mit der offensichtlichen Kritik anderer Positionen und Werkgruppen, sticht diese Arbeit positiv heraus, da sie kein bereits gezeichnetes Bild des Landes zeigt. Die einzelnen Sequenzen testen die Vorstellungskraft des Betrachters, der automatisch versucht, die Bilder in einen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zu setzen und sich eine Wirklichkeit hinter den Bildern zu konstruieren. Dabei entsteht der wahrhaftige Versuch einer Interpretation des mehrdimensional deutbaren Bildraumes. Diese Mehrdimensionalität vermisse ich bei einigen Positionen der Ausstellung.

Jene Arbeiten, die eine mehrdimensionale und offene Betrachtungsweise erlauben, gehen in ihrer jeweiligen Werkgruppe, welche im Durchschnitt nicht ein solches Qualitätsniveau leisten kann, eher unter. Explizit zu sehen ist dies bei Randy Tischlers grossformatigen und flächendeckend gehängten Xerox-Prints. In der Wucht dieser Werkgruppe verschwindet die Sensibilität einzelner Positionen, Zusammenhänge der Bilder sind für mich nur schwer erkennbar und hätten durch eine kleinere Auswahl stärker gezeigt werden können. Auch bei Ueli Alders umfangreicher Werkgruppe stechen bei genauerem Hinsehen einzelne Bilder positiv heraus und die Gruppe hätte kleiner, dafür klarer ausfallen dürfen.

Randy Tischler – Drinking Good Cheap Coffee
Randy Tischler – Drinking Good Cheap Coffee

Die Ausstellung lohnt auf jeden Fall und zeigt eine hohe Diversität professioneller Schweizer Fotografie aus unterschiedlichen Zeiträumen mit spannenden Herangehens- und Sichtweisen auf und um das Thema Amerika.

Begleitveranstaltungen:  

Am 22. September findet eine Lesung der in Berlin lebenden Schaffhauser Künstlerin Jennifer Bennett statt, welche in einem Buch mehrere Gespräche mit AmerikanerInnen zu den Themen Nationalität, Identität und Globalisierung verwob.

Am 11. Oktober findet eine Buchvernissage von Hans Ueli Alder statt, der in seinem Buch Monochrome Serien 1967–2017 einen Teil seines Werkes neu sortiert und publiziert. Das Buch erscheint in einer Kleinstauflage von 80 Exemplaren im Eigenverlag. Der Anlass dient zugleich einer anschliessenden Diskussion über die Entwicklung des Fotobuchs als künstlerisches Medium. 

Allgemeine Informationen:
Die Ausstellung ist noch bis am 05. November 2017 zu sehen.
Ein Saalblatt liegt auf. Die Öffnungszeiten sind:

DI–MI: 09.00–23.00
DO–SA: 09.00–00.30
SO: 09.00–18.00