Ron y ruido – Karibik im Tropenhaus Wolhusen

Tropenhaus Wolhusen, 19.3.2016: Bis Anfang 2017 ist das Tropenhaus Wolhusen die 45. Insel der Karibik. Die Reise wird dank der stimmigen Ausstellung von Andi Rieser sowie  Zigarren- und Rumworkshops zu einer lehrreichen und komfortablen – das Unangenehme entfällt.

Zum ersten Mal in der Karibik war ich an Weihnachten 2015 – und blieb einen Monat. Ich landete auf Hispaniola, wo Kolumbus zum ersten Mal amerikanischen Boden betrat – einige Tage und 603 Jahre später als er. Die Stimmung war laut, betrunken und voller Herzlichkeit. Ron y ruido – Rum (eigentlich Alkohol in jeder Form) und Lärm scheinen das Fluidum der karibischen Seele zu sein, dieser wilden Melange aus Ureinwohnern, ehemaligen afrikanischen Sklaven und – oft leider noch immer – weissen Herren. Aus jedem Haus bingbingbingte der Bachata, Schmachtgesang von Herzen voller Schmerzen. Wir teilten uns vor dem Colmado, dem Tante-Emma-Laden um die Ecke, ein eiskaltes Presidente-Bier in Plastikbechern. Auf den Strassen ein heilloses Durcheinander aus Motos und Autos, Gehupe und Streifungen. Das war in Higüey, der Stadt, wo die Leute wohnen, die im 50 Kilometer entfernten Punta Cana für die Touristen arbeiten. Die Fenster und Türen der Häuser sind mit Gitterstäben gesichert. Ich wohnte in einem Anbau auf dem Dach und an meinem ersten Morgen traf ich, als ich runter in die Küche wollte, zwei Betrunkene, die da oben die Nacht durchzecht hatten. Die Hitze, der Lärm, der Alkohol, das Chaos: Die Dominikaner scheinen ganz gut klarzukommen. Den Gringos bekommen Klima und Lebenswandel augenscheinlich nicht sonderlich gut. Die, die nicht als Touristen hier waren, schienen versoffen und verlottert. Oder verrückt. «Türkisblaues Meer, paradiesische Sandstrände, üppige Orchideenpracht». Der Anfang des Pressetextes vom Tropenhaus Wolhusen sagt schon alles: Hier wird eine Projektion inszeniert. Das, was sich der Schweizer unter Karibik vorstellt. Natürlich ohne die gut zehnstündige Flugreise. Und ohne Moskitos. Aber auch ohne Müll, ohne Armut, Drogen, soziale Probleme, alltägliche Gewalt und korrupte Regierungen. Die Inseln sind bloss für die vermögenden Touristen traumhaft. Dass das mal gesagt ist. «Karibik so nah» ist die sechste Fokusausstellung des Tropenhauses, die in einem wunderbaren kleinen «Reiseführer» karibische Kultur vermittelt. Während des Rundgangs gibt es einzig an einer Station, auf zwei iPads, schriftliche Erklärungen – alles andere steht im Ausstellungsführer, den man mit nach Hause nehmen kann. Von den Blumen und Blüten zu den Düften, zu Musik und Genussmitteln. Die Themen werden in wenigen Worten auf eine gute und informative Art erklärt. Für die Journalisten gab es noch einen kleinen Einblick in die beiden Workshops «Rum-Tasting» mit Connaisseur Markus Limacher und Zigarrenrollen mit Illiano Santos, einem langjährig erfahrenen dominikanischen Zigarrenroller von Davidoff. Eben begannen die Kuba-Wochen mit einem Konzert der Sons of Buena Vista, unter anderem mit Luis Frank, einem bekannten Namen der zweiten Generation des legendären Buena Vista Social Club. Er singt den Son Cubano, eine Verschmelzung von afro-kubanischen Trommelrhythmen mit spanischer Gitarrenmusik. Im August beginnen die Dominikanische Republik/Barbados-Wochen und ab November ist Jamaika Schwerpunktthema. Im integrierten Restaurant Mahoi werden die jeweiligen authentischen karibischen Speisen angeboten. Es lohnt auf jeden Fall, ins Tropenhaus zu fahren. Die Ausstellung ist sehr sehenswert – erhellend und spassig. Das Mahoi ist nicht ganz günstig, dafür mit 14 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet.

Ausstellungsmacher Andi Rieser

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Am Strand. Hier darf geschnorchelt werden.

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Diese Früchte kann man sich über den Kopf ziehen und sie riechen nach dem Original.

Diese Früchte kann man sich über den Kopf ziehen – und sie riechen nach dem Original

Darf nicht fehlen: Ein Fotosouvenir. Darf nicht fehlen: ein Fotosouvenir

Duftender Tabak auf Dominikanischer Flagge. Duftender Tabak auf dominikanischer Flagge

Komplexes Handwerk: Zigarrenrollen. Komplexes Handwerk: Zigarrenrollen

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