Platz da! Hier kommt die Zukunft!

NF49, Emmen, 15.09.2018: Das Testgelände der neuen Zwischennutzung «NF49 am Seetalplatz» in Emmen ist eröffnet. Der Verein «Platzhalter» fordert die Bevölkerung aus Luzern und Emmen auf, hier Quartierleben entstehen zu lassen, bevor das «neue Stadtzentrum» vom See an den Fluss zieht. Ein Versuch, die Stadtluzerner*innen schonend zu akklimatisieren und ihre neuen Nachbar*innen auf sie vorzubereiten?

«Hier Zukunft», mit Kreide auf den asphaltierten Boden der neuen Zwischennutzung «NF49 im Seetalplatz» geschrieben. Zwei Pfeile weisen zur plakatierten Wand des Baucontainers von LuzernNord, direkt neben dem Güggeli-Wagen. Mit dem Geruch von Hühnerfett in der Nase können sich Besucher*innen des Eröffnungsfests über die zukünftigen Pläne der Baubrache mit überschaubaren Infografiken ein Bild machen. «LuzernNord – Das neue Stadtzentrum am Fluss. Wo Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Bildung zusammentreffen»; «Fünf Sterne; Arbeiten, Vier Sterne; Wohnen». Aber bevor hier verdichtet, optimiert und innovativ gelebt wird, soll die Brache auf dem Seetalplatz laut der Geschäftsleiterin Francesca Blachnik zur Begegnungszone der Stadtluzerner*innen und der Emmener Bevölkerung werden.

Emmenbrücke

Vom Tageslicht beleuchtet

Vor der Eröffnungsrede und dem geschlossenen Tor der «NF49»-Verkehrsinsel befinden sich unter den rund 200 Menschen zwar viele bekannte Gesichter aus der Kulturszene Luzern, aber auch eine beachtliche Anzahl unbekannter. Nun werden sie aufgefordert, zwei Steine aus einer Kiste zu nehmen, diese aneinander zu schlagen und so im Kollektiv einen gemeinsamen Rhythmus zu finden. «Etwas kommunistisch...» und «Warum machen wir das?» tönt es aus dem Publikum, dass nun durch das sich öffnende Tor auf das Gelände strömt. Die angekündigte «Platzeroberung» hat stattgefunden. Erwartet werden die Erober*innen von einem hübsch zurechtgemachten Ort mit Getränke- und Essensständen, dem «Buttomat», diversen Pflanzen in und um grossen Hochbeeten, Info-Zelten und gepflegten weissen Containern.

Vielleicht ein bisschen zu zurechtgemacht. Die Eröffnungsrede des Ex-Krienser Publizisten Max Christian Graeff vermag das neugierige Publikum trotz enthusiastischer Stimme nicht wirklich zu fesseln; eine bunte «Kügelibahn», gezapftes Bier und die hervorblitzende Sonne scheinen interessanter zu sein. Graeffs überraschendes «Auf die Plätze, fertig, los!» gab den offiziellen Startschuss. Die Menschen verteilen sich Grüppchenweise auf dem etwas zu gross erscheinenden Gelände, wobei sich die grösste Gruppe in Richtung Apéro aufmacht.

Emmenbrücke

Emmenbrücke

Man fühlt sich wie auf einer grossen Verkehrsinsel, auf einer Oase, die von vorbeifahrenden Autos, Lastwagen und Zügen umringt wird. Nichts deutet wirklich darauf hin, dass die Zwischennutzung nun rund drei Jahre bestehen bleibt. Die Klänge der Emmenbrückner Band Heligonka verwandeln den Ort in ein Kirmes-Gelände, das für den Moment schön und ungezwungen ist, aber die Zelte bald wieder abbricht. Zwischen Bagger, Sonnenblumenknospen und dem im Frühling entstehenden Gastro-Container werden schmackhafte Häppchen verdrückt, Prosecco geschlürft und genetworked – die Geschmacksprobe stimmt.

Emmenbrücke

Von der Dunkelheit eingelullt

Am Abend; bunt beleuchtete Flora, reges Treiben von gross und klein, jung und alt, von hier und da. Immer mehr Leute füllen den Platz und beleben ihn. Dem Verein «Platzhalter» ist es wichtig, dass er seine «moderierende» und «kuratierende» Rolle behält und die Ideen und Projekte aus der Bevölkerung kommen. Es soll hier nicht ein weiterer Ort für die «Stadtluzerner*innen» entstehen, sondern eine Durchmischung mit den Emmener*innen stattfinden. Die Reggae-Band Basement Roots aus Emmenbrücke tauft ihre neue Platte «Experience» mit einem Konzert und reisst das Publikum mit ihren warmen Klängen mit. Eine gute Wahl. Durch die musikalische Verabschiedung des Sommers entsteht irgendwie ein Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Gästen und lässt den Verkehrslärm rund um das Gelände zurücktreten.

Emmenbrücke

Bei Tageslicht wirkt das Gelände noch etwas clean und man vermisst den angekündigten Pizzaofen aus Lehm, die Fischzucht und die Gemüsebeete für das im Frühling kommende «0-Kilometer-Menü». Viele der 40 Container stehen leer und es ist noch nicht viel zu sehen. Verschwindet die Sonne hinter der Stadt kommt Zuversicht auf. Denn was noch nicht ist kann durchaus noch werden. Und auf dem Seetalplatz ist dafür jetzt drei Jahre Zeit.