Manuel Knobel: «In Luzern war ich lange genug»

Der Luzerner Manuel Knobel ist ein Altbekannter in der Schweizer Kulturszene. Was macht der Geschichtensammler, Sedel-Musiker und Veranstalter inzwischen? Die Antwort: immer noch Musik. Als sein Alter Ego Knopilot veröffentlichte er unlängst sein neuestes Album «Bewährungshelfer».

Fotos: Michael Groer

«Ich bin jemand, der etwas konsumiert, bis er’s nicht mehr sehen kann. Die letzte Phase war Ryan Adams, ein melancholischer Amerikaner, bei dessen Songs dich meist ein bisschen Liebeskummer überkommt.» Manuel Knobel kennt man in Luzern als Musiker und Veranstalten – und das bereits eine gefühlte Ewigkeit lang.

In den Neunzigern hob Knobel mit der Grunge-Band Zeugen Utopias im Sedel in Luzern ab, machte über die Jahre einige musikalische Abstecher – unter anderem als Teil des Elektro-Duos Kunz und Knobel, den Bands Der Dax oder Die Formfehler – und landete schliesslich mit den Knopiloten wieder auf dem Gefängnishügel. Wenig später beschloss er, als einziger Knopilot mit frischer Begleitband durchzustarten. Am 10. Oktober erschien sein neues Album «Bewährungshelfer».

«Oft singe ich über Dinge, die nicht so rund laufen.»

Musik war schon als Kind immer da: «Damals lief viel Nena, Trio und Erste Allgemeine Verunsicherung am Radio, später auch Tocotronic oder die Sterne. Die haben mich bestimmt beeinflusst, aber das merkte ich oftmals erst, als ich sie zu einem späteren Zeitpunkt wiedergehört habe.»

Bad Religion und Geschichten des Scheiterns

Knobel lebt heute in Zürich. Platten von Bad Religion, Bücher von Wolf Haas und Filme von Aki Kaurismäki konsumiert er gern – besonders aber erstere. «Obwohl die Punk-Rock machen, was ich nicht mache, auf Englisch singen, wie ich nicht singe, über die USA, wo ich nicht lebe», meint er. Trotz alldem sehe er eine Verbindung zu sich selbst. «Die gehen einfach auf die Bühne, ohne vorbereitete Show, so scheint’s zumindest, ohne grosse Ansagen, die sagen dann einfach irgendetwas.»

Manuel Knobel aka Knopilot

Knobel hat aufgehört, Ansagen für seine Konzerte vorzubereiten. «Ich persönlich mag es lieber, wenn ich merke, diese Person auf der Bühne ist sich selbst.» Das spiegelt sich auch in seinen Songtexten wider. Sie erzählen Geschichten aus seinem persönlichen Umfeld – profan, komisch, brutal, schön, fremd und irgendwie vertraut. «Oft sind es Dinge, die nicht so rund laufen.»

Ein keimfreies Album

Vor einem Jahr stiess der Gitarrist Michael Mathis als Bandmitglied dazu, Knobel wechselte an den Bass. Das habe ihn dazu angetrieben, ein neues Album zu schreiben. Und das kann bei ihm ziemlich schnell gehen, «eine Woche, oder zwei vielleicht», meint er, ohne anzugeben. Dann werde halt die Wäsche einmal weniger gemacht, dafür aber ein neuer Song.

Auf dem Sedel probte die neu formierte Band Anfang des Jahres, es gab sogar schon erste Konzerte. Dann kam der Lockdown. Um während dieser Zeit etwas zu tun zu haben, wurde beschlossen, das Album aufzunehmen. «Ich war noch ein letztes Mal in Luzern, um die Drums einzuspielen, dann Bass und Gesang bei mir Zuhause. Der Gitarrist tat dasselbe bei sich und schickte mir die Aufnahmen. So geschah das alles Corona-konform.» Gemischt wurde das Album von Tobi Gmür.

Ein bisschen Mut erwünscht

«Es fragen mich viele Leute: Was machst du für Musik? Und dann fange ich manchmal an, die verschiedenen Instrumente aufzuzählen. Du kannst stundenlang versuchen, ihnen deine Musik zu erklären und kommst dabei vielleicht nicht sehr weit; oder aber du kannst sie ihnen einfach kurz abspielen», so Knobel.

«Wenn die Leute, die Roland Kaiser und Helene Fischer hören, meine Musik schlimm finden, ergibt das irgendwie Sinn.»

Er bedauert, die Leute seien bei ihrem Feedback zu ängstlich. «Vor allem in der Schweiz. Vielleicht finden sie das Album schlecht oder mittelmässig, geben es aber nicht zu.» Ich fände es interessant, würde es jemand als katastrophal bezeichnen.» Einmal versah ein Hörer des Albums das Werk mit dem Prädikat «schlimm». «Ich fragte ihn, welche Musik er denn sonst so höre, und er verwies auf Roland Kaiser und Helene Fischer. Das ist doch gut – wenn die Leute, die Roland Kaiser und Helene Fischer hören, meine Musik schlimm finden, ergibt das irgendwie Sinn.»

Komischerweise Schlagzeug

Knobel schreibt die Songs für sich allein, nur das Arrangieren liege ihm nicht so. Mit David Troxler am Schlagzeug und Michael Mathis an der Gitarre funktioniere das aber perfekt. «Es ist einfach, gute Songs zu schreiben, aber den passenden Musikstil zu finden, das ist schwierig», erläutert er.

In Winterthur spielt er bei einer weiteren Band, Publikumsmagnet, und dort «komischerweise Schlagzeug». Beigebracht hat er sich das mehr oder weniger selbst.

An den meisten Tagen arbeitet der Musiker als Orthopädieschuhmacher in Zug, als Velokurier für das Zürcher Bio-Früchte-Abo Öpfelchasper oder als Tontechniker. Regelmässig auch nacheinander, was noch immer lange Tage und zu kurze Nächte zur Folge hat. Aber eins ist klar: Inzwischen ist Zürich seine Stadt. «Ich finde es gut, dass hier bereits Anfang der Woche was los ist. Ich komme nicht mehr zurück nach Luzern. Da war ich lange genug.»