Literatur mit musikalischem Mehrwert

Melinda Nadj Abonji, der Literaturstar der Stunde, war da. Aber nicht allein. Am Dienstag war sie zusammen mit Ex-Stiller-Has Balts Nill in der rappelvollen («Ausverkauft») Loge zugegen. Um gut aus einem guten Buch zu guter Musik zu lesen.

Literaturstar der Stunde: In der Tat, die 42-jährige Autorin hat gross abgeräumt bei den letzten zwei grossen Preisrunden. Namentlich gabs für sie, als erste Schweizerin, den Deutschen Buchpreis 2010 und gleich auch noch den Schweizer Buchpreis 2010. Corpus delicti: ihr zweiter Roman «Tauben fliegen auf». Daraus liest sie in der Loge Passagen, erfreulicherweise in einem schönen und gut verständlichen Hochdeutsch, nix Genuschel, nix «Fédéral». Balts Nill traktiert unplugged seine Ukulele zu perkussivem Behuf, Melinda Abonji stimmt mit einem Summ-Singen mit ein. Sie wird später auch – auf Ungarisch – singen. Die gelesenen Passagen geben einen guten Einblick in den Romanstoff, der stark autobiografisch grundiert ist: Migration, Kindheit, Exil, das fremde Daheim, Akkulturation, der Schweizer Pass, die Sprache, die Familie, Cervelat und Monopoly. Melinda Nadj Abondji und ihre Familie stammen aus Jugoslawien, wie das damals noch hiess. Genauer: Als Angehörige der ungarischen Minderheit aus der Provinz Vojvodina im heutigen Serbien sind sie einst nach Zürich gezogen, um hier im eigenen Café Mundial anzukommen. Das Gelesene wird immer wieder musikalisch unterlegt, ab und an gibt’s ein Zwischenspiel. Balts Nill spielt auch eine Art Schmalgitarrenlaute, deren Saiten er mit Flageolett-Technik bespielen oder mit Ventilator zum Klingen bringen kann. Der ausgebildete Schlagzeuger kann auch PET-Flaschen traktieren oder sonst subtil perkussiv arbeiten, sie schnippt gelegentlich rhythmisch mit den Fingern dazu. Sie – 1x aus Zürich, 1x aus Bern – würden seit zwei Jahren zusammenarbeiten, nur punktuell zwar, aber dann intensiv – «Weil wir gemerkt haben, dass wir das Heu auf der gleichen Bühne haben.» Und die Autorin macht von der Kleinstbühne in der Loge auf die dank den vielen Leuten im Raum beschlagenen Scheiben gegenüber, gegen die Strasse, aufmerksam. Der «poetische» Blick auch hier: was das für ein tolles Bild ergebe. Sie freue sich ehrlich, in diesem schönen Raum lesen zu können (die Loge kannte sie bisher nicht). Mehr Loge: immer wieder dienstags (und auch sonst).