Liebe in Zeiten des Wahnsinns

Das Berner Duo Fitzgerald & Rimini kam am Dienstag in die Loge, um auch hier ihren Tonträger «Aristokratie und Wahnsinn» anlässlich einer Release-Show vorzustellen. Ohne die vielen auf dem Album Mitmachenden, dafür mit Grätli.

Wir haben gut aufgepasst und mitgezählt, und in der Tat: Fitzgerald (sprich so, nicht «Fitztscher’ld») & Rimini aka Ariane von Graffenried und Robert «Ribi» Aeberhard spielen ihre CD an der Release-Show in Luzern sozusagen integral. 12 Nummern (inkl. Zugabe), 12 Tracks. Wer aus naheliegenden Gründen zuhause bleiben musste, waren all die vielen Mittuenden auf dem Album, die Musiker und Stimmen. Es geht, wie Figura zeigt, dann dank Sample-Technik «ab Band» ganz gut im Duo. Wer sie erkannte, hat sie erkennen können: Hans Ruchti und Sandra Künzi als frankophone Adelige, Pedro Lenz,  Tom Combo, Matto Kämpf, Semih Yavsaner (der umwerfende Müslüm) und andere mehr. Was ist das Getaufte mit dem Titel «Aristokratie  und Wahnsinn»? Ein sagen wir mal: musikalisches Hörspiel, voll von Geschichten, dazwischen auch mal ein Lied, hochdeutsch, Mundart, Trauriges aus dem Alltag, Bös-Witziges aus der politischen Welt (Bob Dylan hat 1989 ein Lied aufgenommen, das hiess «Political World»), «Sozialkritik» (die «Hotelerbin» von Paris Hiltons Gnaden, mit schönem Hysterie-Gekreische), Verlust, Randständigkeit, unheiles Landleben. Fitzgerald rezitiert bzw. singt, Rimini singt manchmal Chor, vor  allem aber ist er famoser Bassist, der die Töne seines Instrumentes loopt und so weit mehr als einfach rhythmisch aktiv wird. Er kann auch in die Melodica blasen und zu Recycling-Perkussion spielen. Bei  «Liebe in Zeiten des Kapitalismus» (gibt’s auch als Video) wird gesungen «Wir haben die Revolution verschlafen», und weil ichs versprochen habe, seis gesagt: Der für die Album-Grafik verantwortliche Herr H. wähnte sich dabei musikalisch an jugendliche 80er-Jahre-Jahre erinnert und konkret an Ideal (für die Jüngeren unter uns: Neue Deutsche Welle). «Spiel mir das Lied vom Pferd» bietet Gelegenheit für eine textliche Impro bzw. lokale Anpassung, wenn da fehlende Kulturräume, dafür Antifeminismus und René Kuhn genannt werden. Angekündigt als «wie ein Film von Robert Altman (etwa ‹Short Cuts›)»: Die Nummer «Echo der Zeit». Bald wurde es danach Zeit, die Vorstellung zu beenden. Die beiden sind übrigens bald wieder in der Stadt, mit dabei an der grossen Spoken-World-Gala «Zehn Jahre Barfood Poetry» (immer noch am 9. Juni, 20.00, im Fourmi).

Fitzgerald & Rimini: Aristokratie und Wahnsinn, Der gesunde Menschenversand, Luzern 2011