Letizia, wie siehst du das?
LI: Eine Schwerpunktförderung heisst ganz klar eine Fokussierung auf einige wenige Projekte oder Kulturschaffende. Ich bin der Ansicht, dass unsere Aufgabe nach wie vor die Breitenförderung ist. Mehrjährige Förderung soll etwas Spezielles sein, wobei die Konzentration auf den künstlerischen Schaffensprozess und die künstlerische Entwicklung im Vordergrund steht. So, dass man sich letztlich auch anders positionieren und im besten Fall emanzipieren kann. Es darf jedoch nicht die Hoffnung oder Ausgangslage sein, dass die mehrjährige Förderung für einen unbegrenzten Zeitraum gesprochen wird.
EB: Unser Problem ist, dass wir versuchen, unsere Strukturen aufrechtzuerhalten, viele Stiftungen aber nur projektbezogen fördern. Der Anreiz, ein Vermittlungsprojekt zu finanzieren, ist grösser, als Geld in die Büroarbeit fliessen zu lassen. Diese Ausgaben darf man in den Budgets für Stiftungen und die öffentliche Hand oft gar nicht angeben. Schön und gut, dass Pro Helvetia Transportkosten übernimmt, aber es sind letztlich die betrieblichen Strukturen, die stabil finanziert sein müssen. Viel zu viele Menschen sind in der Kultur ehrenamtlich unterwegs. Für die Idee zu arbeiten ist schön, aber nicht, wenn dieser Idealismus durch Verwaltungsstrukturen erzwungen wird.
AvG: Es spielt auch eine Rolle, wer ins Zentrum gestellt wird. Für das Publikum zum Beispiel braucht es die mehrjährige Förderung nicht. Aber wenn man die Kulturschaffenden ins Zentrum stellt, ist sie, wie schon gesagt, sehr wichtig.