Klangvolle Physik

Südpol  Luzern, 28.11.2015: Sehnlichst erwartet wurde ihr Debüt schon seit längerem. Gestern Abend war es nun soweit:«α=f/m» präsentierten ihre EP «Aporien». Die Rechnung ging auf. In musikalischer Hinsicht, natürlich!

Aporien lautet der Name der ersten EP (Label: Oh, Sister Records) des Duos, das hinter der Formel α=f/m steht. «Alpha equals f over m» bezieht sich in diesem Fall nicht auf eine physikalische Formel, sondern ist der Name einer musikalischen Neuformation, bestehend aus Belia Winnewisser und Rolf Laureijs — in der Luzerner Musikszene keineswegs unbeschriebene Blätter (Palus Somnii, Silver Firs, Evje, Wavering Hands, Dans La Tante). Aporie bedeutet Ratlosigkeit. Dieser Zustand schien gestern, was die Abendplanung betraf, nicht vorzuherrschen. Die bis anhin brockenweise rausgegebenen Stücke hatten da gewiss die Finger mit im Spiel und weckten die Neugierde des Luzerner Publikums. Jenes trudelte nämlich en masse im Südpolclub ein — eine äusserst erfreuliche Ausgangslage für ein EP-Debüt. Als die ersten Töne den Raum erfüllten, war die Bühne gänzlich in Rauch gehüllt, der im Scheinwerferlicht feine Muster schlug. Mehr Dekoration benötigte es für diese sphärisch schöne Stimmung auch gar nicht; die mystischen synth-pop Melodien, die krafvolle aber gleichsam sanfte Stimme von Belia und jene tiefe und klare von Rolf erledigten den Grossteil. Besonders die übereinander gesungenen Sequenzen liessen eine wundersam dezente Spannung aufkommen. «Promises» hiess dieses erste Lied. Versprechen tat es äusserst Angenehmes.

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Was in der nächsten halben Stunde folgte, war zwar mit ungefähr acht Liedern quantitativ eher schmal, qualitativ dafür umso gehaltvoller. Obwohl es sich um eines der ersten gemeinsamen Konzerte handelte, herrschte eine überaus natürliche und vertraute Dynamik zwischen Winnewisser und Laureijs — stimmlich sowie performativ. Der Gesang war stets minutiös aufeinander abgestimmt, ebenso wie die Bewegungen, die in ihrer Inkongruenz äusserst homogen wirkten. Grund dafür mag unter anderem die Absenz jeglicher Instrumente gewesen sein; lediglich ein Laptop gab die von Laureijs erzeugten Synth-Klänge wieder. Ob dieses Konzept auf Dauer halten wird, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall blieb so viel Raum für das Gesangliche, das bei α=f/m äusserst facettenreich ausfällt. Stets mit etwas Hall versehen, verschmelzten die Stimmen mit den nuancierten Beats, um sich zeitweise wieder abzuheben und eigene Wege zu bahnen.

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Zum Abschluss gab es ein noch neues Lied zu hören. Ein Trost zum Abschied, der verheisst, dass es weiter geht mit «alpha alpha» (so stellten sich die beiden Kollaborateure übrigens vor). Somit darf hoffentlich bald auf ein längeres Konzert gehofft werden, wo man sich wieder ohne jegliche Aporie versammeln und beschallen lassen kann. Bis dahin gibt es α=f/m daheim ab Kassette zu hören. Veil of Light aus Zürich stimmte im Übrigen mit dichtem und düsterem Post-Punk auf das Konzert ein. Viel zu sehen gab es auf der komplett verrauchten Bühne nicht, doch das Gehörte brachte die Köpfe im Saal zum schwenken. Die Band sprang kurzfristig für den Basler Papiro ein.