Joan & The Sailors, kurz: JATS

Logbuch. Samstag, der 26. November. Joan & The Sailors taufen ihr Debütalbum «Mermaid» im La Fourmi. Da kommen dichte Nebelschwaden. Ziel unbekannt.

(Von Nick Furrer / Bild Felix Meier/zvg)

Schon bei den Vorbands bewiesen die Gastgeber ein feines Händchen. Die zweiköpfige Blue Shoe Crew (und sie hatten wirklich blaue Schuhe!) standen zwischen unzähligen Knöpfen, Tasten und Wie-heisst-das-schon-wieder-Geräten. Sie sensibilisierten die Ohren der ersten Besucher mit technischer Feinarbeit und tief-witzigen Arrangements. Es folgte das junge Trio Wolf And Rhino aus Vevey. Erdige Instrumentalsongs mit ausufernden Kollektivsolos, bis auch die hinterletzten Gehörgänge warm waren. Inzwischen war das Haus voll – oder muss man jetzt bereits vom Schiff reden? Es wird dunkel. Gespannte Gesichter auf den hohen Rängen des Hecks erspähen Joan Seiler im zierlichen Kleid. Auf der Bühne sind Kerzenleuchter verteilt, hinter den Instrumenten hangen helle Tücher, mal wie Nebelschleier, mal wie Segel im Wind. Die farbigen Flaschen und Gläser der beiden Bars umgarnen die Bühne mit Funkeln. Ihre sechs Mitreisenden kommen an Deck, der Anker wird eingeholt. Das Schiff sticht in die hohe See, Joan & The Sailors liefern den Soundtrack dazu. Nostalgisch, dramatisch. Ein Cello räkelt sich in der vielschichtigen und dennoch nicht überladenen Geräuschkulisse, bestehend aus mystischen Gitarrengesängen, tief strömenden Bässen und mehrstimmigen Chören. Stets von der wunderbaren Stimme Joan Seilers geleitet und von der Rhythmustruppe zusammengehalten. Wie eine rigoros angetriebene Rudermannschaft, die will, dass man sie antreibt. Es werden Regentropfen auf die Kulisse projiziert, die Segeltücher mit Ventilatoren bewegt, es kreist sogar eine riesige, weisse Möwe über den Musikern. An Deck passiert einiges – es werden Instrumente getauscht, Chöre gesungen und Gastmusiker hinaufgebeten (für ein Duett auf Französisch: Elia Lobina von Kapnorth und für Slidegitarre: Elias Frei von Fenchel). So fuhr die Mannschaft vom einen Nebel in den nächsten. Meiner eins hat sich gewünscht, die Reise hätte auch mal an einem der Ufer Halt gemacht, an denen man während des Konzertes nur immer vorbei kam. Man hätte das Schiff an einem Felsen zerschellen lassen können, hätte die Schiffgesellschaft von Seeräubern überfallen lassen können. Man hätte direkt in den aufziehenden Sturm steuern können. JATS wählten einen anderen Weg. Die vermisste, offensichtliche Spannungskurve passierte eher unterschwellig und in jedem Song neu. Statt der grossen Erleuchtung am Schluss huschte hie und da ein Funken Hoffnung über das Deck. Statt irgendwo anzukommen, spürte man die Tiefe der See. Auf Dauer konnte das anstrengend werden. So segelten die Sailors zwischen sirenenbefallenen Inseln gen Horizont, wirkten aber keinen Augenblick ziellos. Die Musik berührte und die angesprochenen Gefühle kamen zweifelsohne auf. Nicht zuletzt dank einer bezaubernden Sängerin im Zentrum der Leidenschaft ihrer sensiblen Band. Die Songs beeindruckten mit feinfühligem Arrangement und Glaubwürdigkeit. Wer wollte, konnte seine Wehmut am Verkaufsstand mit eigens gefertigten Buttons, Taschen oder selber eingepackten CDs besänftigen. Viel Liebe steckte in der Plattentaufe von JATS und der starke Auftritt hinterliess einen bleibenden Eindruck. Man darf gespannt sein, auf welche Weise das Seemannsgarn weiter gesponnen wird. In der Zwischenzeit sollte man sich mit dem Debüt bereichern.