Im luftleeren Raum

Kunstraum Hochdorf, 30.08.2019: Die Luzernerin Barbara Davi zeigt ihre Ausstellung «Fragmented Order» im Kunstraum Hochdorf. Im ehemaligen Heizungsraum der Kerzenfabrik lässt sie die Grenzen zwischen Objekt, Fotografie und Zeichnung verschwimmen.

Bilder: Barbara Davi

Pastellfarbene Glasfragmente, skulpturale Metallzeichnungen oder abstrakte fotografische Kompositionen an den hohen weissen Wänden – es sind mehrere zusammengehörende Serien, die in Barbara Davis Einzelausstellung den Hauptraum des Kunstraums Hochdorf bevölkern und mit ihm interagieren. In der Mitte des Raumes ragen schwarze Metallleisten in unterschiedlicher rechteckiger Anordnung in die Horizontale und Vertikale. Der Blick fährt den Linien im Raum nach, und die Gedanken wandern in die Vergangenheit – haben die schlangenähnlichen, über dem gerasterten Fliesenboden eingefroren Linien nicht eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Retro-Handygame-Klassiker «Snake»? Gibt es unsichtbare Querverbindungen zwischen den insgesamt fünf Objekten? Sind sie unter dem Boden des Ausstellungsraums etwa unterirdisch miteinander verknüpft?

Genug der Spekulation, zurück in den Ausstellungsraum. Wie Beine und Rahmen eines unfertigen Möbelstücks umfassen die schwarzen Linien leicht durchsichtige, zerbrochene Glasscheiben. Glas und Metall, Schwarz und helle Farbigkeit, Statik und Zerbrechlichkeit, konstruierte Präzision und zersplitterter Zufall. Die kontrastreiche Kombination der Materialien und Formen lässt immer wieder neue und spannungsvolle Durchblicke zu.

Rätselhafte Materialität

Blickfang im ehemaligen Heizungsraum der Kerzenfabrik Balthasar ist eine dreiteilige fotografische Serie. In grün-bläulichem Ton leuchtend sind geometrische Formen und leicht transparente Scherben zu skulpturalen Kompositionen aufgebaut. Die Elemente scheinen in einem luftleeren Raum zu schweben, entsprechen denn auch Schatten und Lichteinfall keiner eindeutigen Logik. Sind die Fotografien abgebildete Realität? Und wo hat die Künstlerin eingegriffen und manipuliert? Sind es fotografische Aufnahmen einer Skulptur? Oder nachträglich zusammengefügte Bild-Collagen? Da meint man die Struktur einer Spanplatte zu erkennen, dort erinnert die Zeichnung auf der halb-transparenten Scheibe an die Musterung der pastellenen Glassplitter, an denen man gerade noch mit Bedacht vorbei gegangen ist.

Barbara Davi im Kunstraum Hochdorf

«Sculpture is what you bump into when you back up to see a painting», sagte der amerikanische Maler Barnett Newman in den 1950er Jahren. Ironisch gemeint oder auch nicht, in der Äusserung schwingt das Verständnis einer klaren Grenze zwischen Malerei und Skulptur, zwischen Fläche und Raum mit. Diese Trennung löst Barbara Davi in ihren Arbeiten gekonnt auf und setzt sie in ein dynamisches Spannungsfeld. Die Bildfläche wird in ihren Arbeiten zum skulpturalen Raum, filigrane Metallkonstruktionen erhalten eine zeichnerische Qualität.

Im Kabinett-Raum zeigt die Künstlerin zudem eine Auswahl kleinerer Objekte: vertraute und leicht verfremdete Fundstücke und ein prekär platzierter Holzreifen, der die Sammlungsstücke jederzeit in fallende Dominosteine verwandeln könnte, oder wie der Ausstellungstitel es andeutet: in eine «zersplitterte Ordnung».

Barbara Davi: FRAGMENTED Order
Bis SO 22. September
KUNSTRAUMhochdorf, Hochdorf