I'm just a product of a spoiled America

Über «About A Son» von AJ Schnack Liegt es am Tag? Der Werbung? Dem Film? Oder sind die hiesigen Cineasten bloss zu abgestumpft und unempfänglich für alles, was sich in Dimensionen jenseits des Nonsense-Komödien und Ballermann-James-Bond-Kosmos bewegt? Hat Reich-Ranicki etwa doch recht? Verkommt Kultur zum Opium für die Massen? Nichtssagend und Einlullend, auf keinen Fall anspruchsvoll oder gar zum Nachdenken anregend? Ich für meinen Teil bin ein wenig ratlos, weshalb sich bei der einmaligen Aufführung eines Filmes, welcher doch eine der wichtigsten, popkulturellen Figuren der 90er (Kurt Cobain) zum Subjekt hat, bloss eine gute Hand voll Menschen einfindet. Erklärungsmöglichkeiten werden gerne in Form von Kommentaren entgegengenommen.

Ort: Kino Bourbaki, Luzern. Zeit: 20:46 Uhr. Wetter: Kalt, jedoch nicht so sehr wie vorher. Stimmung: Konfus. Leute: Vereinzelte. Flirtfaktor: ??? Zustand des Kritikers: War auch schon besser. Albert Kuhn ist freier Journalist und Kolumnist beim SVP-Hausblatt Weltwoche. Martin Söhnleins Metier konnte nicht so genau eruiert werden. Beide verlieren vor Filmbeginn einige Worte darüber, was die Zuschauer erwartet. Leider nicht wirklich in Form von Hintergrundinformationen oder ähnlichem, sondern mit Anekdoten, die jeder, der englischen Sprache mächtigen Person, spätestens in 96 Minuten sowieso bekannt sein dürften. Der Film selbst ist ein harter Brocken. Verstörend, avantgardistisch. Partielle visuelle Reizüberflutungen. Kein einziger Nirvana-Track ist vorhanden in einer doch eher langen Playlist von unterlegten Songs. Nie erscheint Kurt Cobain in einer Filmsequenz. Bloss auf ein paar verwackelten Schwarzweiss-Bildern. Aus dem Off hört man seine Stimme. Zusammengeschnittene Sequenzen aus einem 25-stündigem Interview vom Rolling-Stone-Journalisten Michael Azzerad. Aufgezeichnet ein Jahr bevor sich Kurt sein Hirn an die Wand geballert hat. Die Bilder sind wilde Collagen, die den Lebensstationen des charismaitschen Sängers folgen. Portraits von Einwohnern. Strassenzüge. Animationen. Atemberaubende Luftaufnahmen von einem urbanen Moloch. Illustration der Worte, Projektionsflächen der Seele. Die Bildebene geht eine Synchronizität mit der musikalischen Untermalung ein, die Schnitte sind minutiös platziert und schlichtweg genial. «About a son» gewann 2007 den Hauptpreis am Musikfilmfestival «Beefeater» in Barcelona. Falls jemand interessiert ist, hier kann man reinzappen oder aber den Film in voller Länge geniessen.