Hoftheater: Die Oper als Kurzspektakel

Innenhof der Luzerner Überbauung Himmelrich 3, 23.04.2020: Nach einigen Wochen Vorbereitung rollt das Luzerner Theater ab Samstag den «spontanen Spielplan» aus. Die Hauptprobe der Reihe «Hofkonzerte» war ein Augen- und Ohrenschmaus, wenn auch nur ein kurzer.

Das Lastenvelo der Luzerner Theater bahnt sich den Weg ins Himmelrich 3, dann tauchen immer mehr unbekannte Gesichter auf im Innenhof der Vorzeigesiedlung der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (abl). Rebecca Krynski Cox (Sopran) tänzelt in schicker Robe und hochhackigen Schuhen über den holprigen Belag, Jason Cox (Bariton) kommt mit Hund Mausi anstolziert und geniesst es offensichtlich in vollen Zügen, endlich wieder eine Bühne betreten zu dürfen. Das Spektakel beginnt, bevor der erste Ton erklungen ist.

Das Publikum steht auf den Balkonen, einige der Anwohner*innen sitzen auch auf den grünen Inseln im Innenhof. Nicht überall wird der Sicherheitsabstand penibel eingehalten, selbst Rebecca Krynski Cox und Jason Cox kommen sich gefährlich nahe – was für ein Glück, sind die beiden ein Ehepaar und dürfen sich mit bundesrätlichem Segen weiterhin beim Arienschmettern aus nächster Nähe anschmachten.

Blick von der Dachterrasse auf das Hofkonzert.

Für einmal dominiert um 17 Uhr nicht das Geschrei der fussballspielenden Kinder den Hof und ausnahmsweise freuen sich wohl alle über die grossartige Akustik. Am elektronischen Klavier nimmt Willam Kelley platz, der auch die musikalische Leitung des Projekts inne hat. «Deh, vieni alla finestra» aus Mozarts «Don Giovanni»  ruft alle ans Fenster herbei, die nicht ohnehin schon gespannt warten. Die Kinder sitzen ehrfurchtsvoll da und fragen flüsternd nach, warum der Gesang der Frau beim zweiten Stück so traurig klinge. Mit einem Duett schliesst das Paar das Kurzkonzert schon wieder ab, verdankt durch herzlichen Applaus.

Es ist ein Geben und Nehmen: Die Bewohner*innen geniessen die Abwechslung, das Theater Luzern hat eine Bühne umringt von begeistertem Publikum. Wohltuend ist, dass Kultur endlich auch wieder für einmal ohne Bildschirme auskommt (auch wenn alles selbstverständlich aufgezeichnet wird).

Die Hauptprobe ist ein voller Erfolg, kurze Zeit später ist wieder alles beim Alten. Am Sonntag startet das Luzerner Theater dann offiziell mit der Reihe «Hofkonzerte». Das Opern-Ensemble werde ausströmen und live in Innenhöfen der Stadt singen, schreibt das Theater. Wo genau, ist noch weitgehend offen. Wer sich bei Rebekka Meyer meldet, hat gute Chancen, das Fenster zum Hof bald zu einem veritablen Kulturfenster zu machen.

Mehr hier: www.luzernertheater.ch/spontanerspielplan