Hoch wie nie ...

Ob es bloss daran liegt, dass man mit jedem Konzert eingespielter wird, oder ob da doch bereits ein grosser Hauch Abschiedsschmerz von der Partie war, sei dahingestellt: Gegen Ende von anderthalb Jahren Tournee, nach über 250 Konzerten, ist der Hase in Bestform.

«Ohrgasmus» ist ein abgelutschtes Wortspiel, aber eines, das das gestrige Konzert von Stiller Has im Stadtkeller in neun Buchstaben einfängt. Sänger Endo Anaconda war in Höchststimmung, tänzelte über die Bühne wie ein Jungspund – seit einer Ausdruckstanz-Session bei einem Konzert auf dem Monte Verita scheint er daran Gefallen gefunden zu haben, und das ist irgendwie gut so. Einer der ersten Songs, den die Band um den Schweizer Bluespoeten schlechthin zum Besten gaben – Nein, Patent Ochsner ist Schlager, Kinder – war «Buechdruck», von der 06-er Scheibe «Geisterbahn». Schifer Schafers einzigartiges Gitarrenspiel zog von Anfang an völlig in Bann. Was für das gesamte Konzert gilt, gilt speziell für ihn: Diesmal war es besonders ausgeklügelt. Der Sommer sei vorbei, redete Endo bei der nächsten Ansage, aber den Somm sei noch immer da. Das war dann sogleich ein Leitmotiv durch den Abend, wie auch Ansage für den Song «Summer», den Bassistin und Tastenfrau Salome Buser mit der Bassline von Withe Stripes' «Seven Nation Army» einleitete. Diese Spielfreude, diese unbändige Power! Wer die Band nie live hörte, hörte sie nie. Grösstenteils fokussierten sich die Hasen auf Titel der letzten beiden Alben «Geisterbahn» und «So verdorbe», aber auch Klassiker fehlten nicht. «Furt» beispielsweise, in dem der Hene (man kennt ihn als penetranten Abwart von der Landjäger-CD, aber auch von Züri West, auf deren Hoover-Jam-CD er in «Sofa» mit dem Lumpen kommt und «Schtress im Schpunte» verbreitet) abgehauen ist. Leider sei Blocher bereits wieder «out of Africa», fand Anaconda. Oder: Das exhumierte «Garbage Lady» (Landjäger), der einzige Song der Band in englischer Sprache, nun aufgepeppt mit Backgroundgesang von Salome Buser und Schifer Schafer, sowie rumpelnden Schlägen von Drummer Markus Fürst. Der «Moudi» schlich groovend heran (beim einen oder anderen kam er dann am nächsten Morgen nochmal vorbei – leider nicht ganz so graziös), und sogar mit ihrem Hit «Znüni Näh» hat sich die Band versöhnt. In einer derart funkenden Version, dass es weder für die, die den Song bereits zu oft gehört haben, noch für alle anderen, die insgeheim natürlich darauf hofften, ein Halten gab. Beinahe der ganze Saal stand auf (ja, im Stadtkeller sitzt man noch zu Konzerten) und ersoff mitklatschend in kollektiver Euphorie. Dann noch ein «Fäderliecht» und schon war Schluss. Nach guten zwei Stunden Spielzeit und einer kleinen Rauch- und Trinkpause. Genau an dem Punkt, wo man noch genug hungrig gewesen wäre, auf einen dritten und vierten Gang. Aber wie sagte Old Oscar – mit einem anderen Zitat im Booklet von «So verdorbe» vertreten – so schön? «Die Zigarette ist das vollendete Urbild des Genusses: Sie ist köstlich und lässt uns unbefriedigt.» Wie der Hase.