Hoch lebe Ethanol

Konzerthaus Schüür, Luzern, 25.1.2019: Friedli & Fränz Kilbimusig kämpfen für ihr Recht auf Schnaps. An ihrer Seite kämpfen johlende Fans, welche die Band bis zum Ende nicht im Stich lassen. Ein Partyabend, der mit Luzerner Punk von Ruedi3000 beginnt, und nach zu vielen Stunden, Songs, und Bier, wohl oder übel im Rausch mündet.

Wir waren irgendwo in der Crowd, am Rande des Moshpits als das Fürobebier zu wirken begann. Fear and Loathing in der Schüür, wo sich alle auf eine Droge einigen können: Alkohol. Friedli & Fränz Kilbimusig stehen auf der Bühne – immer noch – und wollen nicht aufhören. Fleissig bringen zwei Mitglieder ihrer Entourage, die sich als Ärzte verkleidet hatten, der Band den nächsten Kafi Schnaps, die nächste Stange Bier. Alles, um die in die Jahre gekommenen Partyhelden am Leben zu erhalten, wie scherzhaft ins Mikrofon gesagt wird. Doch der Witz ist gefährlich nahe an der Wahrheit. Alkohol ist der Antrieb dieses Abends.

Doch von vorne: Zunächst stehen Ruedi3000 und die Einkaufstüten auf der Bühne. Drei junge Luzerner, der namensgebende Ruedi, für die Vocals zuständig, ein Gitarrist, und ein Schlagzeuger. Wer mit dem Werk der Band vertraut ist, weiss, was kommt: Moshpits, Bierdosenwürfe, Hymnen an das Coop-Billigbier «Tell». Die Songs heissen «Was wotsch, ech trenke mis Tell Bier», «Ech cha ned gnueg vo dem ha», «d Wält ghört rot-wiss», und sie werden eiskalt runtergespielt. Kurze schnelle Punk-Songs stehen für sich. Hier will niemand die Crowd catchen, wer’s nicht checkt, der checkt’s halt nicht, und kriegt vielleicht noch ein Tell Bier an den Kopf. Zwischendurch gibt’s noch ein «Fegg dech Bodum» zu hören, Sänger Ruedi springt in den Moshpit, dann gehen Ruedi und Band nach zwei Zugaben von der Bühne. Das Konzert war wohl das radikalste, das der Schüür-Saal seit Längerem gesehen hatte.

Tell Bier im Konzerthaus Schüür

Rockhits in Kaffeezeltmanier

Dann ein Knall, Konfettikanone. Der Hauptact des Abends betritt die Bühne. Neun Entlebucher Kafizält-Randalen in Plastiksonnenbrillen, Leggins, und Startnummern für ein Skirennen in Sörenberg. Sie sind Friedli & Fränz Kilbimusig. Eine Partyband, die bekannte Songs mit entlebucherdeutschem Text versieht, und damit das Publikum zum Rausch anstiftet. Es hat etwas von einer Guuggenmusig, wie Friedli & Fränz ihre Lieblingssongs verhunzen. Black Sabbaths «Paranoid», Mando Diaos «Dance With Somebody», oder Beastie Boys’ «Fight For Your Right» werden kaffeezeltkonform gemacht. Statt «You gotta fight for your right to party» heisst es dann: «Ech han es Rächt of mi Schnaps I mim Kafee.» Das erinnert an Ruedi3000s Ansagen von «Bier esch es Mönscherächt» – doch bei Friedli & Fränz werden diese Parolen gelebt. Band und Publikum geben sich langsam aber sicher dem Alkohol hin, die Stimmung wird immer besser, der Abend immer länger.

Gegen Ende meint einer der Band: «Das esch de bescht gspöuti Uftrett wo mer je gha hei.» Es hätte auch der am schlechtesten gespielte Auftritt gewesen sein können, beurteilen will das niemand. Bei diesem Konzert geht es nicht ums Zuhören, sondern ums Mitgrölen. Der Sänger ruft in die Crowd: «Wär esch de Göfferlimuni?!» Ich habe keine Ahnung, doch scheine damit allein zu sein. Das Publikum brüllt aus voller Kehle den Text, johlt und trinkt weiter. «Mer hend die intelligäntischte Fans», versichern Friedli & Fränz. Es stinkt nach Bier und Schweiss und langsam könnte der Gig auch fertig sein.

Es geht weiter um Schnaps

Doch ans Aufhören denkt hier niemand. Der Schlagzeuger zählt immer wieder ein. Die Catchphrase: «1, 2, Kafi Träsch». Es folgt der «Ooh-oh»-Song von The Offspring, im Text geht’s wohl wieder um Schnaps. Scha-laa-la-la-laaaa-la-la-lah.

Der Boden ist langsam biergetränkt und mit Glasscherben gespickt, und nicht nur darum ist das Publikum wacklig auf den Beinen. Weiter jagt eine Alk-Hymne die nächste. Was Ruedi3000 über ihr Tell Bier sangen, ist beim Publikum von Friedli & Fränz Realität. Sie chönd ned gnueg vo dem ha.

Es gibt nur noch die Hoffnung, dass es irgendwann das eine Bier, das eine Lied zu viel war, das am nächsten Morgen bitter bereut wird.