Haarsträubend souverän

Konzerthaus Schüür, Luzern, 09.04.2019: Kultfigur und Kulturerbe Maloney ermittelt auch auf der Bühne. Michael Schacht und Heinz Margot mimen die Figuren in zwei Fällen präzise und mit Spielfreude. Das Bewährte weiss dabei besser zu gefallen als das vermeintlich Neue.

Bilder: Michael Huser

Philip Maloney ist ein alter Hase. Der grummelige Privatdetektiv mit dem Hang zum Whiskey und der Abneigung für die Polizei ermittelt seit inzwischen 30 Jahren auf Radio SRF. Das Publikum kennt und liebt den über Jahrzehnte aufgebauten Charakter aus der Feder von Roger Graf. Genauso die exzentrischen Nebenfiguren und ihre Catchphrases in Maloneys «haarsträubenden Fällen». Auf der Jubiläumstour macht der Privatdetektiv der Nation Halt in der Schüür. Michael Schacht ermittelt als im Trenchcoat gewandten Maloney in zwei Fällen. Ebenso spricht er die wichtigste Nebenfigur, den Polizisten, dessen Part in den Hörspielen nach wie vor von Jodoc Seidel gesprochen. Auf der Lesetour wird Schacht jedoch seit 2016 von Heinz Margot begleitet.

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Beide Fälle des Abends drehen sich um vermisste Personen. Im ersten Fall trifft Maloney auf den aus den Hörspielen bekannten Puppensammler. Der Klient vermisst eine Stefanie, todsicher keine Puppe, und Maloney nimmt die Fährte auf. Im zweiten Fall sucht er einen senilen Ex-Polizisten, der zurück im Dienst als verdeckter Ermittler weilt und verschwindet.

Üble Sache Maloney

Während die Hörspiele 20 Minuten dauern, ermittelt Maloney in der Lesung 40 Minuten pro Fall. Für das Bühnenerlebnis ist das optimal. Die Figuren entfalten sich, die beiden Schauspieler können aus dem Vollen schöpfen. Es entsteht jedoch der Eindruck, der Fall würde künstlich um komödiantisches Material mit Aktualitätsbezug erweitert. Die ganze Bandbreite der «heutigen Themen» wird abgeklappert: Online-Shopping, Netflix, Gelbwesten, natürlich Donald Trump, auf jeden Fall Fake News. Es sind Nebenschauplätze, die bloss gestreift, aber immer wieder beackert werden. Doch die vielen Referenzen auf aktuelles Geschehen fügen weder den Figuren noch dem Fall Entscheidendes hinzu. Dieses Phänomen wurde übrigens schon vor acht Jahren für null41.ch von Patrick Hegglin beschrieben.

Beeindruckende Flexibilität, ansteckende Spielfreude

Die fehlende musikalische Begleitung der Erzählungen wirkt sich dagegen kaum negativ aus. Stattdessen rückt sie die Darbietungen der Schauspieler ins Zentrum, wo diese hingehören. Schacht und Margot springen in Dialogen zwischen den Figuren hin und her, wechseln mit dem Satzende den Akzent, das Geschlecht, sowie Mimik und Gestik. Die Flexibilität der beiden ist beeindruckend, die Spielfreude ansteckend. Schachts Maloney und Margots Puppensammler Herr Diggelmann sind dabei hervorzuheben Die Hörspiele erzeugen eigene Bilder bei den Zuhörer*innen, die Maloneys in den Köpfen der Fans sehen wohl alle anders aus. In der Lesung wird jedoch klar: Es kann nur einen geben.

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Bild: zvg

Griesgrämig-charmant löst Michael Schachts Maloney seine Fälle und fesselt die Hörerschaft immer wieder von Neuem. Der Kultstatus ist auch Thema auf der Bühne. Im zweiten Fall spielen Patient*innen einer psychiatrischen Klinik die Radiohörspiele nach. Sie üben die wichtigsten Phrasen: «Üble Sache, Maloney!», «Und ich tat, was ich in solchen Situationen immer tue…», «So geht das!», und so weiter.

30 Jahre 

Was die Erzählung zeigt, trifft auch in der Realität zu. Das ganze Land kennt Maloney in- und auswendig. Lesungen machen den populärsten Privatdetektiv dabei lebendig und fassbar. Was 30 Jahre lang funktionierte, gefällt auch an diesem Dienstagabend der Schüür. Die im Unterschied zu den Hörspielen neuen Elemente – Aktualitätsbezug, Metaebene – überzeugen jedoch nicht immer und täuschen Innovation vor, wo keine ist. Nein, die Welt ist keineswegs aus den Fugen, wie es in den «haarsträubenden Fällen» gerne gesagt wird. Sie dreht ihre gewohnten Runden. In Maloneys Fall darf man sich nach 30 Jahren fragen: wie lange noch?