Grafikstadt von Weltformat

Diverse Orte, Luzern, 28.09.2019: Luzern ist ein Honigtopf für Grafikdesigner*innen und Plakatlover. Ob digital oder analog, koloriert oder schwarz-weiss und von klein- bis weltformatig: Das diesjährige Weltformat Graphic Design Festival begeistert ein internationales Publikum an verschiedensten Orten in der Stadt. Wir haben uns auf einen Rundgang begeben.

Es fällt schwer, den Blick von den Wänden der Kunsthalle abzuwenden. Der Schweizer Plakatgestalter und Buchdrucker Dafi Kühne präsentiert eine kunterbunte Auswahl an Hochdruckplakaten und dazugehörige, präzise angefertigte Druckplatten. Direkt und ehrlich sei diese Urform des Druckens für ihn, und auch wenn die Möglichkeiten des digitalen Schöpfens grenzenlos erscheinen: Manches lässt sich einfach nicht mit ein paar Klicks und Scrolls zum Leben erwecken. «The Dafi Kühne Printing Show», How-To-Videos vollgepackt mit Tipps und Witz, wird ein Stock tiefer an die Wand des Kabinetts projiziert. Und als Highlight dürfen die Besucher*innen sogar selbst Hand anlegen und ein Plakat durch die Druckmaschine wälzen.

Kulturstadt Luzern?

Wir befinden uns am Weltformat Graphic Design Festival. Und es folgt Vernissage #2: Die Ausstellung «100 Beste Plakate 18» in der Kornschütte zeigt von einer Jury auserkorene Werke von Künstler*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Albert Schwarzenbach, Präsident des Grossen Stadtrats, spricht in seiner Eröffnungsrede von der Bedeutung des Rathauses als Sitzungsstandort, an dem über Bildung, Sport etc., (Pause) «und zum Schluss auch noch Kultur» diskutiert werde. Diese Formulierung liefert einen faden Beigeschmack, wenn den Besucher*innen eine Minute später den Speck durch den Mund gezogen wird, als Schwarzenbach vom Anliegen spricht, Luzern als «Kulturstadt» bekanntmachen zu wollen.

Nichtsdestotrotz, die hundert ausgestellten, unterschiedlichsten Kunst- und Werbeplakate zeigen die Diversität des Plakatgestaltens auf, das facettenreiche Ergebnis bei Vermischung von alten und neuen Technologien. Und darum geht's bei der diesjährigen Ausgabe. Das Motto: «Tools & Rules», die alten wie die neuen Werkzeuge der Druckerkunst werden thematisiert.

Analog = archaisch?

Wobei es in der Ausstellung «Pre-Digital» ausschliesslich um – genau – analoge Druckverfahren geht. Dabei steht der Prozess des Plakatgestaltens im Vordergrund; originale Skizzen, verschiedenartig verschobene Fotocollagen und andere Experimente von insgesamt acht Kunstschaffenden werden ausgestellt. Das Organisationsteam suchte für die Ausstellung Vertreter*innen der «Schweizer-Garde», sprich Druck-Urväter der 70er- und 80er-Jahre (Druck-Urmütter aus dieser Zeit scheinen ein seltenes Phänomen zu sein und das Team sei unglaublich froh, Rosmarie Tissi – die Henne im Pre-Digital-Korb – als Ausstellerin gefunden zu haben, so Weltformat-Organisator Erich Brechbühl auf meine Nachfrage).

Wohin führt das?

Auf dem Weg zum Neubad, wo der Eröffnungstag mit Preisverleihung und Abendessen (vielleicht bei einem Gläschen Plakatwein?) ausklingen soll, passiert man höchstwahrscheinlich die Neustadtstrasse 6. Der polnische Designer Marian Misiak begrüsst uns zu seiner Ausstellung «This Way!» und erklärt, wie ihn der Pfeil als multifunktionales Symbol in seinen Bann gezogen hat. Zwei eigens gestaltete Broschüren liegen auf, die zum einen verschieden gestaltete Schriften und Pfeile beinhalten, zum anderen interessante Aspekte zur Konzeption und Wahrnehmung von prominenten Logos aufzeigen. Mittels eines «Poster-Generators» kann man sich eine etwas andere, ganz individuelle Wegbeschreibung auf ein digitales Plakat drucken und gleich per E-Mail zusenden lassen.Otto im Neubad

Und wer ist Otto?

Im Neubad findet man sich schliesslich ein, um Otto beim Zeichnen zuzusehen. Und nein, hierbei handelt es sich nicht um einen Künstler aus Fleisch und Knochen, sondern um eine etwa drei mal vier Meter grosse Kreidezeichnungsmaschine. Otto arbeitet an der Poolwand, auf einer Tafel. Der kleine metallene Kreidehalter ist mit vier dünnen Seilen an jeder Ecke der zu bemalenden Fläche befestigt wurde. Einer Spinne ähnlich gleitet die Maschine über den Untergrund und hinterlässt dabei eine feine, weisse Spur. Schade, dass Otto von seinem Entwickler, Jürg Lehni, nicht vorgestellt wird. Zum Abschluss imitiert die Maschine zeichnerisch die zwei Gewinnerplakate des diesjährigen Newcomer Awards.

So sieht Otto aus, wenn er arbeitet:

Genug gefragt!

Eins ist klar: Das Weltformat Graphic Design Festival hat viel zu bieten. Die Eindrücke des Eröffnungstags machen auf jeden Fall glustig auf die Workshops, Ausstellungen, Kinovorführungen und den Graphikbasar (und noch mehr!), die es in der kommenden Woche zu erleben gibt.

Weltformat Graphic Design Festival
Bis SO 06. Oktober
Diverse Orte, Luzern

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