Gaia für alle, alle für Gaia

Schüür, 07.10.2016: Über ein durch und durch gelungenes Konzert der Luzerner Analog-Electro-Konstante.

Gaia geht von der Bühne. Mädchen kreischen. Noch minutenlang wird geklatscht und gerufen, wird nach einer Zugabe verlangt. Afterglow in den erwartungsvoll wartenden Augen des Publikums, welches weiterklatscht und kreischt, aber sie kommen nicht mehr auf die Bühne. Ganz langsam leert sich der Raum. Ich spüre noch immer den Puls in den Beinen. Gaias Performance war kraftvoll und von der ersten Sekunde an aus einem Guss. Rhythmische Formen mit grosser Präzision und Drive wurden mit subtiler Perkussion dekoriert, aufgegossen mit sämigen Synthesizern – darüber schwebten schnelle Sequencer-Melodien. [huge_it_video_player id="1"] Das Set von Gaia steigerte sich bis zum Schluss kontinuierlich. Kleine Groove-Exkurse mit mitreissenden Punk-Färbungen oder breite, hochfrequenzige Trance-Synthies hörte ich von Gaia zum ersten Mal. Und es steht ihnen gut. Besser als die leicht mystifizierenden Synth-Pop-Balladen ihrer EP. Gaia ist direkt. Daran kann und soll man nicht rütteln. Und das haben sie seit der Plattentaufe im Südpol selber gemerkt und gestern mit einem Set in alter Manier, aber mit neuer Spritzigkeit bewiesen. Die Einflüsse der EP Howl auf eben diesen alten Sound sind aber doch spürbar und bereichernd. Der Ballast von Howl wurde über Bord geworfen, zurück bleibt die alte, wippende und wabernde Schwere, die mir einst in der Gewerbehalle kurz vor Sonnenaufgang zum ersten Mal in Ohren, Gewebe und Knochen drang und mich heute noch begeistert. Die wenigen Stücke von Howl, die gestern gespielt wurden, waren härter und reduzierter als noch an der Plattentaufe im Südpol. Als Support: Augustine's Suspenders. Deren Harmonik und Melodik erinnern noch an alte Zeiten der Band, doch sind die Grooves heute reduzierter, die Synthies flächiger. Die Songs wirken eingängiger – recht solider Synth-Pop. Extravagante Rhythmisierungen einiger Stücke werteten das kurze Set der Band stark auf und liessen aufhorchen. Sebastian Meyers Stimme brillierte vorallem in höheren Oktavlagen und war ein willkommener Kontrast im sonst eher monochromen Soundbild ihres Sets. Die Band überzeugte durch sehr präzises Zusammenspiel und eine gute Bühnenpräsenz. [huge_it_video_player id="2"] Von den Augustine's vorgeheizt, glühte die Stimmung unter Gaia während einer guten Stunde und verpflichtete zum Tanz. Jede Zelle unterwarf sich dem Puls der Bassdrum. Persönlich gefällt mir Gaia nach wie vor besser in kleineren Locations mit noch mehr Nähe zum Publikum, aber das hat vielleicht auch einfach mit meiner romantisch verklärten Erinnerung an jene durchgetanzte Nacht in der Gewerbehalle zu tun. Der gestrige Abend war richtungsweisend für die weitere Entwicklung von Gaia. Der Umgang mit Einflüssen aus verschiedenen Stilrichtungen war sehr gelungen und öffnet bestimmt viele Türen für weitere Experimente. Dieser Beitrag ist in Kooperation mit dem Online-News-Portal Zentral+ entstanden und kann auch dort gelesen werden:

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