Flohzirkus im Pavillon

Theaterpavillon Luzern, 11.08.2017: In «Erlemin und der Floh» gibt es Flöhe, die sich gollumartig im schimmernden Blaulicht bewegen, Akrobatik machen und Rache an den Menschen nehmen. Die neueste Produktion des Jugendzirkus Tortellini unter der künstlerischen Leitung von Maël Stocker feierte gestern nicht nur Premiere, sondern auch das 30-jährige Bestehen.

Bilder: Moritz Suter

Tatsächlich ist der Flohzirkus mit realen und scheinbaren Flöhen, die als Artisten eingesetzt werden, schon seit Jahrzehnten eine beliebte, etwas kuriose Attraktion auf Jahrmärkten und Volksfesten. Die Tierchen mit ihrer aussergewöhnlichen Sprungkraft und flinken Behändigkeit werden dressiert, um Mini-Kutschen zu ziehen, auf kleinen Dreirädern zu fahren oder winzige Bälle in Tore zu schiessen.

Die Tortellini-Truppe hat sich diese Rarität aus der Zirkusgeschichte zu eigen gemacht und daraus ein originelles Stück entwickelt, bei welchem den Zuschauern nicht nur Flöhe um die Ohren fliegen, sondern auch das akrobatische, schauspielerische und musikalische Können der Kompanie vorgeführt wird. Fast zwei Jahre bereiteten sich die zehn motivierten Artisten*innen im Alter zwischen 13 und 22 Jahren auf ihre aktuelle Darbietung vor. Diese lange Probezeit lässt sich im vertrauten Zusammenwirken der Gruppe auf der Bühne spüren. Dem im Vergleich zu vorhergehenden Jahren kleinen Ensemble muss ganz besonders angerechnet werden, dass sie die Pavillonbühne ohne Vorhang mit fliessenden Übergängen und dynamischen Wechseln über fast zwei Stunden bespielen und es ihnen dabei gelingt, wiederholt schöne und verträumte Stilbilder in den Raum zu zaubern. Dabei wird das ganze Zirkusrepertoire ausgetobt; Kunststücke auf Hoch- und Kunsträdern, fliegende Diabolos und sogar eine Fackelnummer zu Djembé – Rhythmen.

Hochräder

Mit Witz und Sinn für Nuancen wird die Geschichte von einem bunt gemischten Haufen aus Wanderleuten und Gauklern erzählt, die einen Flohzirkus aufziehen möchten, den armen Tierchen dabei aber zu viel an Kräften abverlangen und dadurch das «Aus» des gemeinsamen Zirkustraumes riskieren. Das Stück ist, im Vergleich zu vorhergehenden Produktionen, harmloser gehalten und Philosophisches, welches die Inhalte auch auf eine tiefere Ebene heben würde, fehlt. Zudem wäre das Programm mit weniger Nummern ausgekommen, um dem Ganzen etwas mehr Spannkraft und Dichte anzudrehen.

Jedoch hat sich im Jugendzirkus Tortellini die letzten beiden Jahre auch viel getan und gleich für drei Mitglieder des kleinen Ensembles ist «Erlemin und der Floh» die erste Produktion, bei der sie mit dabei sind. Es überrascht deshalb nicht, dass das Ganze heuer zum 30-jährigen Jubiläum unschuldiger wirkt als die letzten Jahre. Dafür steckt die Inszenierung voller liebevoller Feinfühligkeit und es herrscht eine grosse Spielfreude auf der Bühne. Verspielt und zauberhaft kommt das Stück auch nicht zuletzt dank dem nostalgisch-romantisch angehauchten Bühnenbild und den Kostümen, gestaltet von Delia Leuenberger, daher. An den zirkusfreudigen und belebten Klängen, die die Nahezu-Manege mit Leichtigkeit und Frische füllen, wirkt die ganze Truppe mit. Musikalisch geleitet und begleitet wird das Orchester von Lisa Brunner. Sie hält sich während dem Stück zwar immer im Hintergrund, ihr griffiges Spiel auf fast allen Instrumenten und ihre kräftige Stimme, mit der sie die Gruppe bei den Singeinlagen unterstützt, lassen immer wieder aufhorchen

Mit viel Hingabe, Dynamik und liebenswertem Humor überzeugt «Erlemin und der Floh» durch seine artistische Präsenz, musikalische Abwechslung und charmanten Dialoge.

Das Stück ist für zirkusbegeisterte Junge und Junggebliebene noch zu erleben bis am 9. September im Theaterpavillon Luzern, Tickets und Reservation unter: www.tortellini.ch.