Feueralarm im Treibhaus

Treibhaus, Freitag 19. April 2013. Wieder einmal Balkanmusik mit Swing und Jazz Einflüssen im Jugendkulturhaus. The Goodnight Circus haben sich offensichtlich in das grasgrüne Gebäude verliebt und pilgern bereits zum zweiten Mal auf die Luzerner Bühne.

(Fotos von Renatinho)

Dass das Luzerner Partyvolk zeitweise nur zäh in Gang kommt, ist vielerorts bekannt. Auch das Treibhaus bleibt von diesem Phänomen nicht immer verschont. Ein probates Mittel gegen halbleere Konzertsäle und lahme Tanzbeine ist osteuropäische Musik, gemixt mit allen erdenklichen Stilrichtungen. Das denkt sich auch das Treibhaus und hat regelmässig Balkanmusik auf dem Programm. Dazu gibt’s jeweils einen ansprechend gestalteten Flyer im Retrodesign und günstige Eintrittspreise. Die Garantie für eine regelmässige Versorgung von Luzern mit osteuropäisch-affiner Musik liefert das Booking-Kollektiv Ostkost, das sich für die Verbreitung von traditioneller russischer und balkeneser Musik und deren moderne Interpretationsformen einsetzt. Herr und Frau Luzerner honorieren dieses Angebot mit tanzfreudigen Extremitäten und lautstarkem Applaudieren und Dazwischenrufen.

Berliner Wanderzirkus mit Starallüren Auch wenn es wohl viele nicht wussten, aber ein gewisser Carlos Santana, nicht an der Gitarre – dafür am Piano – bescherte den Zuhörerinnen und Zuhörern als Einstimmung einige melodiöse Stücke als Intro. Optisch mit seinem berühmten Namensvetter vergleichbar, wechselte Santana als Bandmitglied von The Goodnight Circus zum Akkordeon und dem seltsamen roten Plastikobjekt. Ein paarmal am Hebel gedreht und schon geht der Feueralarm im Treibhaus los. Ein Zeichen für die sechs musikzierenden Zirkusartisten aus Berlin, sich auf der Bühne zu versammeln und kräftig in die Tasten zu hauen, Mundstücke zu blasen und Saiten zu streichen. Die Band formiert sich um die, als erste schwangere Trompeterin angepriesene, charismatische Frontfrau Christine de Pierro.

Der Rest von The Goodnight Circus ist ebenfalls international zusammengewürfelt und hat den Berliner Underground als Ausgangspunkt für ihre musikalischen Reisen. Allesamt kostümieren sich mit leicht clownesk anmutenden Kostümen und Accessoires. So darf das Konfetti ebenso nicht fehlen wie die überdimensionierte Brille, die den Gitarristen in einen spanischen Moskito verwandelt. Musikalisch betrachtet, bekam man es mit Gypsy Swing, geprägt von New Orleans Jazz und trashigen Punk-Elementen, zu tun. Schnell, heftig, roh und viel Gebläse von Trompete und Posaune.

Eines der eingehendsten Stücke der Band, ein feines Charleston Medley, verpulverten sie leider schon am Anfang des Konzerts, als der obligate Sicherheitsabstand zwischen Band und Luzerner Publikum noch bestand hatte. Aber als sich die ersten zwei Tänzerinnen nach vorne gewagt haben, kam das gesamte Publikum den berühmten Schritt näher und liess sich immer stärker auf die folgenden Songs ein. Die Besucher mit akuter Tanzabsicht kamen auf ihre Kosten, indem man sein gesamtes Repertoire an Tanzstilen ausleben konnte. Egal ob Swing, Lindyhop, Charleston oder sonstige verwandte Zuckungen und Verrenkungen, allesamt waren akkurat gegenüber dem musikalisch Gebotenen. Auch wenn die kurze Konzertpause nicht unbedingt angebracht war, nahmen die Besucher den schnellen Rhythmus sodann wieder auf und drehten bis zum Schluss ihre Kreise.

Nächste Ostkost-Gelegenheit: MI 8. Mai, 20 Uhr: La Minor (RUS) im Treibhaus, Luzern