Fantastisch-surrealistische Zeitreisen

Kunsthaus Zug, 16.02.2020: Zum Auftakt des Jubiläumsjahres widmet sich das Kunsthaus Zug seinen Anfängen. Eine vielseitig gewachsene Sammlung nationalen und internationalen Surrealismus und Fantastik sowie eine sehnsuchtserregende Ausstellung in der Ausstellung.

 

Fotos: Oliver Baer

Imposant erscheint das Kunsthaus Zug am Rande der Altstadt. Umgeben von weissen Mauern lässt sich von aussen nur erahnen, welche Geheimnisse dieses Gebäude birgt. Im Juni werden es genau 30 Jahre sein, seit das Kunsthaus seine Tätigkeit in der alten Anlage «Hof im Dorf» aufgenommen hat. Schon früh legte es seinen Sammlungsschwerpunkt auf Schweizer Surrealismus und Fantastik. Einerseits, weil das junge Kunsthaus sich damit ein eigenes Profil schaffen wollte, und andererseits, weil solche Kunst auch in der Region rege vertreten war.

Inzwischen sind weitere Schwerpunkte (vorwiegend aus der Wiener Moderne) dazugekommen, der ursprüngliche Fokus verlor an Dringlichkeit. Nun gibt das Jubiläumsjahr Anlass, diese Sammlung, die über die Jahrzehnte fortlaufend ausgebaut wurde, zu zeigen. Das ganze Jahr stehe, laut Direktor Matthias Haldemann, im Zeichen des Rückblicks, Ausblicks und der Momentaufnahme. Den Beginn des Jubiläumsprogramms macht die Ausstellung «Fantastisch Surreal».

Vielseitig, vielarmig, surreal

Die Werkschau zeigt einen vielseitigen Überblick über die surrealistischen und fantastischen Werke der hauseigenen Sammlung. Es werden geschichtliche Bezüge, aber auch thematische und geografische Verbindungen geschaffen und in neue Verhältnisse gesetzt. Kunstwerke regionalen, nationalen und internationalen Ursprungs, aus der Vergangenheit bis zur Gegenwart, bieten faszinierende Einstiegspunkte in diese Welt der Träume, des Unbewussten und des Absurden. Zwischen Adolf Wölfi, Kurt Seligmann, Max Ernst, Meret Oppenheim, Miriam Cahn, Jean-Fréderic Schnyder und vielen anderen wandert man in faszinierenden Welten, die Kopf und Körper beanspruchen und die Betrachtenden immer tiefer hineinziehen.

Froschkönig

Eine Besonderheit sind die Rekonstruktionen von Krag-Armen des österreichischen Architekten und Künstlers Friedrich Kiesler. Er entwickelte Halterungen, um Bilder von der Wand weg hängen zu können und so neue Betrachtungsweisen zu ermöglichen. Die im Kunsthaus ausgestellten Arme stellen dabei keine originalgetreue Kopie, sondern eine Weiterentwicklung dar. Statt Holz und nicht verstellbar, sind sie aus Metall und flexibel. Ihren Zweck erfüllen sie trotzdem. Wie gestreckte Tentakel halten die Arme ihre Kunstwerke in den Raum. Die Bilder springen einem förmlich entgegen und fordern einen ganz anderen Zugang zu den Werken. Nur schon der simple Akt des sich Bückens, oder nach oben Reckens lässt die Kunst anders wirken, als wenn sie auf Augenhöhe betrachtet wird und macht aus dem blossen Anschauen einen körperlichen Akt.

SalledeSuperstition Kiesler
Friedrich Kiesler, Studie zur Salle de Superstition, Exposition Internationale du Surréalisme, 1947.

Dokumentation einer Ausstellung

Im Rahmen der Werkschau wird mit «Breton Duchamp Kiesler – Surrealistische Räume 1947» eine Ausstellung innerhalb der Ausstellung gezeigt. Sie ist ein Ein- und Überblick in eine surrealistische Ausstellung, die im Jahre 1947 in Paris in einer kleinen Wohnung stattgefunden hat. Für diese Inszenierung, die von André Breton und Marcel Duchamp ins Leben gerufen wurde, erhielt Friedrich Kiesler den Auftrag den architektonischen Aufbau zu übernehmen. Er ordnet dabei nicht nur die Werke räumlich ein, sondern versteht die gesamte Inszenierung als Teil des künstlerischen Konzeptes und macht die Räume selbst zum Teil des Kunstwerkes. So sollten Architektur und Kunst verschmelzen und die Betrachtenden mitten in diese Räume ziehen. In Zusammenarbeit mit der Friedrich und Lillian Kiesler Stiftung sind etwa hundert Originalentwürfe und die fotografische Dokumentation des Labyrinths nun zum ersten Mal ausserhalb Wiens zu sehen.

Bei der Betrachtung der monochromen Fotografien wird man von einem Gefühl der Sehnsucht gepackt. Auch wenn die Bilder einen faszinierenden Eindruck vermitteln, kann man sich nur erträumen, wie es damals wohl gewesen sein muss, wenn man sich durch dieses Labyrinth bewegte. Die surrealistischen Räume von 1947 heute nachzustellen wird kaum mehr möglich sein, existieren von den meisten Werken nur noch diese Fotografien. Wie gerne hätte man eine Zeitmaschine, um diesen Ort erleben zu können. Was bleibt, sind die Bilder und Skizzen im Kunsthaus Zug. Und vielleicht, wenn man ein wenig Glück hat, wird man die Räume in seinen Träumen wiedersehen.

Fantastisch surreal – die Sammlung
Bis SO 24. Mai
Kunsthaus Zug

 

Bildquelle «Studie zur Salle de Superstition»: © 2019 Österreichische Friedrich und Lillian Kiesler-Privatstiftung, Wien