Liebe Leser:innen
Warum sollten, rein ökonomisch betrachtet, Filme gegenüber anderen Freizeitaktivitäten wie Joggen bevorzugt werden? Das ist eine der Fragen, die der «Subventionsreport» des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) stellt. Die diesjährige Publikation analysiert Staatsausgaben hinsichtlich ihres Einsparungspotenzials. Und Filmförderung sei, das stellt der Report in einem kurzen Absatz fest, wie Kultur generell potenziell «wohlfahrtsmindernd».
Dass solche und ähnliche Formulierungen harsche Kritik namhafter Wirtschaftswissenschaftler:innen dieser Ausgabe. Über sieben Jahre hinweg hat die aus der ganzen Schweiz hervorgerufen haben, ist wenig berraschend. Die mangelhafte Qualität der IWP-Publikationen beschäftigt mittlerweile auch die kantonale Politik; erst kürzlich ging eine Interpellation ein.
Nicht nur die wissenschaftlichen Standards, sondern auch die ideologische Ausrichtung und die fehlende finanzielle Transparenz sind ein Problem. Wie all das zusammenspielt, wurde anlässlich einer öffentlichen Plakatkampagne im Mai deutlich. Grossflächige Botschaften konfrontierten Passant:innen in der ganzen Schweiz mit «Fakten». Sie zeugen von einem ideologischen Programm der sozialen Kälte, welches das IWP in akademischem Gewand unter die Leute bringen will.
Aber die Öffentlichkeitsarbeit hat offenbar nur eine Richtung. Wer versucht, sich beim IWP etwa nach der Finanzierung oder der aggressiven Öffentlichkeitsarbeit zu erkundigen, steht vor verschlossenen Türen. Mit sich reden lässt der Boys Club nämlich nicht. Die Recherche von Journalist Raphael Albisser ordnet die Tätigkeit des Instituts ein und geht der Frage nach, ob dieses für die Universität Luzern, an die es angebunden ist, ein Reputationsrisiko darstellt.
Um Film – Filmförderung sei Dank! – geht es danach in dieser Ausgabe. Über sieben Jahre hinweg hat die schweizerisch-polnische Filmemacherin Jadwiga Kowalska an ihrem Animationsfilm gearbeitet, der sich auf die Spuren der Fluchtgeschichte ihrer Eltern begibt. Das Gespräch mit dem deutsch-polnischen Autor Paul Bokowski kreist unter anderem um die Frage, wie die damaligen Ereignisse erinnert und nacherzählt werden; wofür Worte gefunden wurden und wo sich Sprachlosigkeit ausgebreitet hat.
Wir wünschen eine angeregte Lektüre.
Giulia Bernardi und Robyn Muffler