Liebe Leser:innen
Man traute ihr nicht zu, das schwere Fotoequipment zu tragen. So zumindest lautete die Begründung, mit der Pia Zanetti die Lehre zur Fotografin verwehrt wurde. Die Ausbildung dennoch antreten konnte sie nur, weil ihr Bruder ein Studio für Werbefotografie betrieb. Heute gilt die in Basel geborene Fotografin als eine der wichtigsten Reportagefotograf:innen der Schweiz. Ihr über 60-jähriges Lebenswerk wird nun mit einer umfangreichen Ausstellung in der Galleria Edizioni Periferia in Luzern gewürdigt. Im Gespräch mit unserer Autorin erzählt Pia Zanetti, was es hiess, sich in einem männerdominierten Berufsfeld Anerkennung zu verschaffen. Sie spricht über die Gesten der Solidarität und des Widerstandes, die ihren Fotografien stets innewohnen, und äussert ihre Verwunderung darüber, dass ihre journalistischen Arbeiten nun als künstlerische Werke in Galerien und Museen gezeigt werden.
Die Zeiten mögen sich geändert haben – das Patriarchat aber hält sich hartnäckig. Mit einem in diesem Zusammenhang schmerzhaften Thema beschäftigt sich das Performancekollektiv Ultra. In ihrem neuen Stück «Where Is Your Partner?» setzen sich die Darstellerinnen mit männlicher Gewalt auseinander und untersuchen dabei nicht nur die grossen Erzählungen, sondern eben auch die beinahe unsichtbaren alltäglichen Ausprägungen davon. Aus einer solchen Anekdote rührt auch der Titel des Stücks, das bald im Südpol gezeigt wird. «Wo ist dein Partner?», habe eine Journalistin Nina Langensand, Schauspielerin und Mitglied des Kollektivs Ultra, nach einem Auftritt gefragt. Das hat sie, aus nachvollziehbaren Gründen, irritiert. Es geht dem Kollektiv aber um weit mehr als das Aufspüren heteronormativer Stereotypen im Alltag, sondern um die Frage nach den Machtverhältnissen generell, wie Macht in unserer Gesellschaft verteilt ist, wann oder wo sie zutage tritt und welche Verantwortung man:n in diesem Zusammenhang trägt. Dass es dabei eben auch um Widerstand, Joy und Feminist Empowerment geht, zeigt nicht zuletzt das Fotoshooting, zu dem sich vier Mitglieder des Kollektivs – Anna Bühlmann, Isabelle Mauchle, Jana Siegmund und Nina Langensand – mit unserer Fotografin Anne Morgenstern getroffen haben.
Um Empowerment geht es auch dem in Luzern ansässigen Black Stammtisch, der von der Aktivistin und Grafikerin Walesca Frank ins Leben gerufen wurde. Einmal im Monat treffen sich am Tisch der Neuen Apotheke Schwarze Menschen und People of Color, um «über alles zu reden», wie Walesca in einem Instagram-Post kundtat. «Wir nehmen auseinander, was es bedeutet, Schwarz zu sein in diesem Land. Wenn du Lust hast, komm!»
Mit Daria Wild spricht sie über Rassismus und das Leben in einer weissen Mehrheitsgellschaft, über die Bedeutung gemeinsamer Räume und vor allem aber über Black Joy – das Feiern des Widerstands, die Freude an der Schwarzen Kultur, an der Verbundenheit mit andern.
Wir sehen uns auf der Strasse – zum feministischen Streik am 14. Juni!
Bis dahin wünschen wir eine angeregte Lektüre.
Giulia Bernardi und Robyn Muffler