Liebe Leser:innen
Für viele Kulturschaffende ist die Zentralschweiz Ausgangspunkt für ihr weiteres Wirken. Für die neuen Besitzer:innen des Alpenhofs, eines Hotels mit Artist Residency im Appenzell, war Luzern der Ort, wo alles begann. Dominic Chenaux, Laura Röösli und Flavia Bienz kennen sich von ihrer Zeit im Neubad – Chenaux als langjähriger Geschäftsleiter, Röösli als Küchenchefin und die Textildesignerin Flavia Bienz als rege Besucherin. Von hier aus hat sich das umtriebige Trio auf sein Abenteuer in die hügelige Ostschweiz begeben. Autorin Daria Wild hat die drei im Appenzell besucht, während Fotograf Dan Cermak sie ermutigte, neugierig unter weissen Laken hervorzublicken oder sich ein Zelt aus Stühlen zu bauen.
Während für Dominic Chenaux, Laura Röösli und Flavia Bienz der Weggang ein freiwilliger war, sieht die Situation für Filmschaffende aus der Zentralschweiz leider anders aus. Obwohl sie hier ihre Ausbildung absolvieren, zieht es sie beruflich oft an andere Orte. Der Grund: Die Zentralschweizer Kantone haben sich bis heute nicht auf ein gemeinsames Fördermodell geeinigt. Was das für den Film und die lokale Szene bedeutet, beschreibt Autor Jonas Frey in seiner Reportage «Das grosse Hadern».
Wie vielseitig und wichtig das Filmschaffen in der Zentralschweiz ist, macht nicht zuletzt der neue Dokumentarfilm von Beat Bieri und Jörg Huwyler deutlich. «Im Land der verbotenen Kinder» wirft ein Schlaglicht auf ein dunkles Kapitel Schweizer Geschichte. Für Saisonarbeiter:innen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die Schweiz kamen, war der Familiennachzug nicht erlaubt. Ihre Kinder mussten sich verstecken und wurden ausgeschafft, sobald die Polizei sie entdeckte. Im Hinblick auf das menschenrechtswidrige Saisonnierstatut, das in der Schweiz bis Anfang der Nullerjahre wirkmächtig war und viel Schmerz hinterlässt, gibt es bis heute keine angemessene Erinnerungskultur und -politik.
Wir hoffen, dass die vorliegende Lektüre eine gute Begleitung für die kalten Monate ist. Wir lesen uns wieder Anfang März.
Giulia Bernardi und Robyn Muffler
PS: Dass wir uns dieses Jahr erst wieder im März lesen, und nicht wie bisher Anfang Februar, hat einen Grund. Es liegt uns am Herzen, sorgfältig recherchierte Texte zu veröffentlichen, die Spass machen, durch aufwändige Bildkonzepte ergänzt werden, und wer weiss, vielleicht gar neue Perspektiven auf die Zentralschweiz eröffnen. Das braucht viele Ressourcen, die wir nicht immer haben. Um diesen Erwartungen und vor allem den euren als Leser:innen gerecht zu werden, haben wir neben der Doppelausgabe im Sommer (Juli/August) auch eine im Winter (Januar/Februar) eingeführt. Weitere Informationen erhaltet ihr dem Magazin beigelegten Brief.