Die goldene Bubble

Kleintheater Luzern, 27.09.2019: In den letzten Jahren wagten sich einige junge Vertreter*innen der Poetry-Slam-Szene auf ihre eigene Tour. So auch Laurin Buser und Fatima Moumouni. Ihr erstes gemeinsames Programm «Gold» zeigt die beiden als dynamisches Duo, das in der persönlichen Bubble feststeckt.

Slam Poetry ist 2019 nicht mehr an die kleinen, kompetitiven Slams gebunden, sondern findet heute auch auf den grossen Bühnen statt. Das stellt die Vertreter*innen des Genres vor neue Herausforderungen. Kurze Texte, deren Vortrag bloss einige Minuten in Anspruch nimmt, gehören nämlich genauso zu den typischen Merkmalen der Slam Poetry wie gestelztes Bühnendeutsch und grosse Themen. Wie also gestalten die Poet*innnen eine abendfüllende Show, die abwechslungsreich ist und deren Texte doch einem roten Faden folgen?

Dieses Problem lösen die einzelnen Künstler*innen ganz unterschiedlich: Lara Stoll trägt jeweils ein Sammelsurium an Texten vor. Renato Kaiser liest aus Kommentarspalten vor und nennt dies «eine Mischung aus Spoken Word, Comedy und Satire». Und Hazel Brugger macht jetzt Stand-Up-Comedy. Laurin Buser und Fatima Moumouni machen irgendwas dazwischen. Und die grossen Themen kommen nicht zu kurz.

Die Meinungen sind gemacht

Seit vier Jahren bilden die beiden das Duo Zum goldenen Schmied. «Gold» ist das erste gemeinsame Programm des Baslers im Exil in Hamburg und der Schwäbin im Exil in Zürich. Die Show besteht aus drei Komponenten: einem «Best of» ihrer gemeinsamen Slam-Poetry-Texte, einigen humoristischen Rap-Songs und überleitenden Unterhaltungen im Plauderton. Solo- und Duo-Nummern wechseln sich ab. Diese Formel funktioniert. Sie verleiht dem Programm Dynamik und Abwechslung. Tausendfach durchexerzierte Poetry-Performance und spontan wirkende Kalauer halten sich die Waage. Langeweile kommt erst auf, als Buser und Moumouni gegen Schluss ihren Dialog über persönliche Erlebnisse mit Rassismus zu einem einige Minuten zu lange dauernden Vortrag ausufern lassen.

Über die 100 Minuten werden alle aktuell relevanten Debatten und Themen abgegrast. Gender, Klimawandel, Sexismus, Rassismus und mehr. Im Kleinen und im Grossen. Moumouni und Buser reden von Vorurteilen übers Einparken, oder von Erlebnissen mit wohlmeinenden Vielgereisten, die mit Nicht-Weissen immer über Afrika sprechen wollen. Es sind Themen, welche die beiden Protagonist*innen genauso umtreiben, wie die gesamte westliche Gesellschaft. Themen, zu denen alle schon eine Meinung haben. Das kommt dem Programm leider nicht zu Gute.

«Wir sind auf der gleichen Seite.»

Fatima Moumouni

Bissig wird es nur, wenn es um Schweizer Judengold oder rassistisches Weltkulturerbe geht. Nach hinten los geht dafür eine Analyse von Selbstliebe und Selbstverliebtheit, die in der Aussage gipfelt, die ganze Spezies Mensch würde es mit der «Self-Love» übertreiben. Wo doch der grosse Teil der Menschheit überhaupt noch nie einen Gedanken an Selbstliebe verschwenden konnte.

Was Fatima Moumouni zum Ende der Show zum Publikum sagt, ist schon von Beginn weg klar: «Wir sind auf der gleichen Seite.» Ja, sicher. Wer will denn auf der anderen Seite stehen? Auf der Seite der Fremdenfeinde, der Leute, die «Ich-bin-kein-Sexist-aber» sagen, oder nicht wissen, was toxische Männlichkeit ist. Auf die Seite will niemand. Deshalb sich lieber zum x-ten Mal gegenseitig bestärken. Und jetzt alle: Wir haben keine Angst vor dem Gender-«Wahn». Die viel beschworene Bubble: Man sieht sie an diesem Abend schon fast physisch vor sich.

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