Die Bedeutung des Seins

Theaterpavillon Luzern, 22.05.2014: Die Jugendtheatertruppe des VorAlpentheaters «actNow» feierte im Theaterpavillon die Premiere von «Nichts. Was im Leben wichtig ist». Und damit zugleich ihr Bühnendebüt. Mit grossem Applaus wurde die energiegeladene Aufführung des Stückes belohnt.

Laut ist der Auftakt ins Spiel. Im Chor schreit sich etwa ein Dutzend Teenager gegenseitig und mit dem Finger aufeinander zeigend an: «Who killed King George?» Eine Art Pausenspiel offenbar, merkt man bald. Nur einer will in diesem Einerlei nicht mitmachen. Es ist ein aufmüpfiger Junge namens Pierre Anthon, der die Schule verlassen und sich auf einem Pflaumenbaum sesshaft gemacht hat. Von seiner Baumkronen-Kanzel herab predigt er Nihilistisches: «Nüd bedütet irgendöpis. Und wenn nüd öpis bedütet, denn esches besser nüd z’mache aus öpis z’mache.» Für den dominanten Nihilismus des Stückes ist die dänische Autorin Janne Teller des Öfteren kritisiert und in einigen Schulen Dänemarks gar auf den Index gesetzt worden, aber auch ihre Protagonisten haben ihre liebe Mühe mit dem alles verneinenden Mitschüler. Die Jugendlichen stossen sich nämlich gewaltig an der Totalverweigerung Pierre Anthons. Erklärtes Ziel ist es, diese zu durchbrechen und den jegliches Handeln verhöhnenden Querulanten wieder vom Baum herunter zu holen. Dazu legen die Mädchen und Jungen in einer nahe gelegenen Papierfabrik den sogenannten «Berg der Bedeutung an», um den Aussteiger von der Bedeutung der Bedeutung zu überzeugen. Anfänglich verlangt man nur verhältnismässig kleine, materielle Opfer vom anderen wie etwa das Lieblingsbuch oder eine ererbte Uhr. Da aber immer jeweils derjenige bestimmen darf, wer als nächstes an der Reihe ist und was dieser dann zu abzugeben hat, gerät das Bedeutungsprojekt immer mehr in eine Gewaltspirale aus Verletzung, Hass und Rache. Von einem gläubigen Jungen verlangt man das Kruzifix aus der örtlichen Kirche, von einem Mädchen die Unschuld und zuletzt vom Gitarre spielenden Klassenanführer den Zeigefinger.

Zum Schluss sieht man zusammengesetzt das Wort «King George», wenn die Jungschauspieler dem Publikum den Rücken zudrehen und die Buchstaben auf der Rückseite ihrer T-Shirts preisgeben. Wie die Geschichte und die Interpretation von «actNow» unter der Regie von Nina Halpern am Ende genau ausgeht, sei an dieser Stelle nicht verraten. Der eigene Besuch  einer Aufführung sei empfohlen, denn die Leistung der Nachwuchsschauspieler ist beachtlich solide und darf sich sehen lassen. Aus wenig Material wurde zudem ein kreatives Bühnenbild entworfen, das funktioniert und gezielter Musik- und Lichteinsatz ergänzen die gelungene Dynamik und Schnelligkeit des Spiels. Bei dieser ersten Produktion von «actNow» ist eine aktionsreiche Parabel über die Passivität einer Generation herausgekommen.  

Weitere Aufführungen sind noch am 24., 27., 28., 29. und 30. Mai, jeweils um 20 Uhr im Theaterpavillon zu sehen.