Der Phantomschmerz der Oper

Zuerst war das Geld da, aber noch kein Konzept. Jetzt ist das Geld weg, dafür das Konzept da: Salle modulable, die Fortsetzung.

(Bildmontagen: Stiftung Salle modulable)

Sommer 2016. Dann, hoffen die Initianten, wird in der Salle modulable die erste Premiere gefeiert. So sagt es das Konzept, das die Projektleitung heute Montag vorgestellt hat. Aber das ist nur der beste Fall. Vielleicht dauert es viel länger, das Luzerner Theater von der Reuss ans Lido zu zügeln. Und vielleicht passiert es gar nie. Denn noch ist nicht klar, wer das neue Musik- und Theaterhaus bezahlt.

Standort Das Konzept geht vom Lido aus. In ähnlicher Form wäre es auch auf die Emmenweid übertragbar, nicht aber auf den heutigen Theaterplatz oder das Inseli. Diese Standorte sind zu klein.

Bühne Nebst der Salle modulable und der Musikhochschule entstehen beim Lido auch ein Saal für Kammermusik, die neue «Jazzkantine» und Probesäle. Die Salle modulable fasst 1200 Zuschauer. Sie lässt sich in zwei Säle für 700 bzw. 300 Zuschauer aufteilen, auch sie sind flexibel bespielbar.

Theater In den drei Sommermonaten wird die Salle mit 1200 Plätzen vom Lucerne Festival bespielt. Ein Spielplanentwurf sieht eine grosse Oper (Wagner!), ein experimentelles Musiktheater und Aufführungen der Academy vor. Dazu zwei Co-Produktionen mit dem Luzerner Theater. Dieses übernimmt das Gebäude als klassischer Dreispartenbetrieb für die restlichen neun Monate des Jahres. Das Musiktheater zieht mit vier Opern und einer Operette in den 700-plätzigen Saal. Neu ist, dass im Stagione-Betrieb gespielt wird: Die Stücke lösen sich ab, es gibt kein Repertoire. Das Gesangsensemble wird aufgelöst, der Chor erweitert. Das Schauspiel mit einem Repertoire aus fünf und der Tanz mit zwei Stücken übernehmen den kleineren Saal. Dazu kommt ein Weihnachtsmärchen.

Geld Der Bau kostet 157 Millionen, 120 sollen von privaten Gönnern kommen. Das Sinfonieorchester beteiligt sich mit 7, die Musikhochschule mit 3 und die öffentliche Hand mit 27 Millionen. Der Betrieb ist teurer als heute im Luzerner Theater, das jährlich mit 22 Millionen subventioniert ist. Es braucht mehr Geld, aber entgegen dem Planungsbericht von 2009 nicht mehr mindestens 7, sondern 3,1 Millionen. Einfachere Betriebsabläufe – zwei Bühnen; Stagionebetrieb – machen diese «Einsparung» möglich. Kanton, Stadt und andere Gemeinden – der Zweckverband grosse Kulturbetriebe – sind bereit, über eine entsprechende Erhöhung der Subvention zumindest zu diskutieren.

Politik Das Konzept ist ein Entwurf. Die Parlamente und die Öffentlichkeit haben es also noch zu diskutieren, bevor es frühestens 2012 in der Stadt Luzern zu einer Volksabstimmung über das Gratis-Baurecht an die Salle modulable kommt. Vom Tisch ist für die Initianten aber die von der Stadt vor einem Jahr angezettelte Diskussion, Schauspiel und Tanz allenfalls in die freie Szene auszulagern. Das hiess es jedenfalls bei der Präsentation des Projekts. Dies notabene, obwohl der Schlussbericht einer von Stadt und Kanton eingesetzten Fachgruppe, die die Frage diskutiert hat, noch aussteht. Längerfristig wird auch das neue kulturpolitische Leitbild erwartet, das die Stadt angekündigt hat.

Perspektiven Die grosse Frage ist, welche privaten Gönner bereit sind, 120 Millionen in den Bau zu speisen, nachdem die ursprünglichen Spender abgesprungen sind. Noch versucht man, deren Geld auf juristischem Weg einzutreiben. Aber selbst wenn die Aussichten auf ein positives Urteil so gut sind, wie behauptet wird, so ist ein Prozess doch sehr lang, teuer und für die politische Akzeptanz der Salle modulable weiteres Gift. Und: Selbst wenn Luzern vor Gericht gewinnt, ist offenbar unsicher, ob das Urteil von den Bahamas, wo das fragliche Vermögen in einem Trust verwaltet wird, überhaupt vollstreckt würde. Luzern baut also bloss Druck auf, um in einem Vergleich wenigstens an einen Teil der 120 Millionen zu kommen. So oder so müssen die Initianten also neue Gönner suchen. Und so oder so bleibt es ein grosses politisches Risiko, ein durch seine Vorgeschichte derart kontaminiertes Projekt zur Volksabstimmung zu bringen. > Salle modulable: Werbevideo Gesamtkonzept > Gesamtkonzept lesen (PDF)