Der Biber ist los – Big Zis im Südpol

Die Zürcher Rapperin Big Zis gastierte im Südpol. Es war eine Bestandesaufnahme zeitgenössischen Hiphops und gleichzeitig eine neuerliche Steigerung der Qualitätsrichtlinien für Schweizer Mundart-Rap. Die Frau der Stunde in der Schweizer Musikszene.

«Wohin gehst heute?»

«In den Südpol

«Ist das nicht ein bisschen kurzfristig für eine solche Expedition?»

Wahrlich ein witziger Kalauer meines Bruders. Nichtsdestotrotz sattelte ich am Samstag die Huskies und ritt Richtung Südpol. Ich wollte den Biber-Bestand berechnen und die Lebenschancen für ebendiesen auswerten. Der Biber spielt eine gewichtige Rolle im nunmehr dritten Album «Und jetz… was hät das mit mir z tue?» von Big Zis, welches im Februar erschien. Dem Album ist anzuhören, dass es keine Einfache Geburt war. Doch der Biber ist da, und nun stellt sich die Frage, wie er sich entwickelt hat. Vor Ort. Live und Direkt

«Es isch total Party» heisst es im Refrain von «Prrrdy». Es war eine Party. Doch Franziska Schläpfer a.k.a Big Zis gibt sich nie dem totalen Hedonismus hin. Mit viel Ironie würzt sie ihre Rhymes. Mit Indianer-Feder in den Haaren, einem Glitzer-Jacket und klobigen, hohen Schuhen steht sie auf der Bühne. Portiert wird sie von zwei Tänzerinnen im Tutu. Im Hintergrund steht Domenico Ferrari an den Reglern. Die Prrrdy kann beginnen.

Es folgen die Highlights des neuen Albums «Biberrais», «S Isch All» oder «Discobluus». In der Mitte des Konzerts folgt eine Playbackperformance in bester Maria-Carey-Manier. Voller Inbrunst schmachtet sie dahin und lässt kein Klischee aus. Genau diese Selbstironie macht Big Zis so aussergewöhnlich. Und das ist gleichzeitig auch einer der Gründe, wieso Big Zis zwischen Stuhl und Bank fällt. Durch den Umstand, dass sie sich im Gegensatz zu früher nur noch selten Hiphop-Codes bedient, kann sie nicht mehr als klassischer Hiphop-Act gelten. Nur ihr Sprechgesang ist Regelkonform – und dies auf höchstem Nivea. Ihre Rhymes sind unnachamlich clever, ihr Flow gesschmeidig wie eine Katze. Ihre Wortspiele erinnern zeitweise an Kutti MC, einfach mit doppelt so schneller Zürischnorre vorgetragen.

Leider war der Südpol-Club nur zur Hälfte gefüllt. Big Zis tanzte auf der Bühne einen Indianer-Tanz. Doch wo waren die Indie(aner)? Schauten sie zuhause bei «Wetten, dass?» den Auftritt von Mando Diao? Hatten sich die Hiphopper am Freitag die Arme ausgerenkt beim Keith-Murray-Konzert in der Schüür? Da sind wir wieder bei Stuhl und Bank.

Big Zis ist die Frau der Stunde in der Schweizer Musikszene, dies hat sie mit ihrem Konzert unnachahmlich bewiesen. Statt wie früher sich «dissent» durch die Männerdomäne Hiphop zu kämpfen, hat sie sich emanzipiert, musikalisch wie inhaltlich. Das ist nicht das nette Mädchen von nebenan. Nicht immer nur Happy, sondern Appetittanregend. Scheuklappen ab und die Prrrdy kann losgehen.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=GmU7VWORkSY[/youtube]