Cool und aber auch altmodisch

Auch Stunden später summt es leise in den Knochen. Disco Doom sind eingefahren. Die Zürcher Rockband spielte im Sedel ein an Coolness kaum zu überbietendes Konzert. Etwas mehr Leidenschaft hätte ihrem Set allerdings gut getan.

(Von Urs Emmenegger)

Der Prozessionsweg begann beim Gopplismoos. Weiter wagt sich die VBL nicht Richtung Sedel. Auf dem rund zwanzig-minütigen Fussmarsch blieb genug Zeit, um mit sich, der VBL und dem Wetter (Nieselregen) ins Reine zu kommen. Hinter der Eingangstür dann bereits die erste Band. Unbemannt. Eine hübsche Sound-Installation der Veranstalter, die mit Gitarren-Noise und Keyboard-Sequenzen einen ersten Vorgeschmack auf die kommenden Konzerte lieferte.

 

Papiro aus Basel machte den Anfang. Die Ein-Mann-Band stand rücklings mitten in Saal vor einem schlanken Synthie-Pult. «Blues» stand gross auf seinem Pullover. Ein Etikettenschwindel, wie sich herausstellte. Papiro produzierte flächige Soundcollagen, die im Verlauf der knappen halben Stunde einen durchaus reizvollen, eigenen Sog entwickelten. Nächstes Mal würden wir dem Mann während der Arbeit gerne ins Gesicht sehen.  Trotz Superlativen wie «Beste Gitarrenband der Schweiz» in den Veranstaltungshinweisen war das Interesse für Disco Doom überschaubar. Fünfzig Leute, davon ein paar hartgesottene Fans, warteten auf den Auftritt der Zürcher Band, die schon seit Jahren nicht mehr in Luzern zu sehen war. Letzen Herbst spielte die Band 37 Konzerte in zwölf Ländern im Vorprogramm von Built To Spill. Ein Traum für jede Schweizer Rockband.

 

Vom ersten Ton an war der Band diese reichhaltige Konzert-Erfahrung anzuhören. Disco Doom präsentieren sich als gut geölte Maschine, die ihre rauen, schnörkellosen Songs präzise in die Runde schmiss. Mächtig, wuchtig und immer schön altmodisch. Im Vordergrund standen Songs aus dem letztjährigen und ersten (!) Langzeit-Tonträger in der zwölfjährigen Bandgeschichte. Songs wie «The Great Disaster» oder «Pussy Royal» wurden mit traumwandlerischer Sicherheit und nahe an der Tonträger-Version gespielt. Andere Stücke wie «Laser Storm», mit seinem Gitarren-Riff à la AC/DC in einer leicht veränderten Fassung.  Frisch klangen auch noch ältere Songs wie etwa «Crystal Coma» mit seinem charakteristischen Glockenspiel. Ein Klassiker der Indie-Musik helvetischer Prägung. Entscheidend ist die Rolle von Sänger und Gitarrist Gabriele De Mario. Leicht versteckt hinter dem rechten Bühnenpfosten war er das Zentrum der Band, von dem die melodischen und dynamischen Inputs ausgelöst wurden. Fabulös, wie eigentlich der ganze Abend. Eine coole Band, der ein bisschen mehr sichtbare Leidenschaft ganz gut stehen würde.